Kennst du das? Du hast ein paar Kilo zugenommen und merkst beim Schaufensterbummel, wie deine Pobacken hin und her schwingen. 🙄
Vielleicht sind es auch mehr als nur ein paar Kilo. Das Ziel ist klar: Du willst abnehmen. Aber wie? Du fragst dich: „Muss ich Kalorien zählen, um abzunehmen?“
Womöglich ist dir auch dieses Szenario vertraut: Deine Tage bestehen aus endlosen Snacks, während die Hauptmahlzeiten zu bloßen Nebensächlichkeiten verkommen. Die ständige Nascherei macht dich träge und aufgebläht.
Auch hier taucht die Frage auf: „Sollte ich Kalorien zählen, um mein Essverhalten in den Griff zu bekommen?“
In diesem Artikel erfährst du, ob Kalorienzählen für deine Situation sinnvoll ist und ob du Kalorien zählen musst, um abzunehmen. Du bekommst einen klaren Überblick über die Vorteile und Nachteile des Kalorienzählens und wie es dir helfen kann, dein Wunschgewicht zu erreichen.
Höre diesen Beitrag als Folge 114 des Schlanke-Gedanken-Podcasts:
1. Musst du Kalorien zählen, um abzunehmen?
Egal, welche der geschilderten Situationen auf dich zutrifft – du hofft, mit dem Kalorienzählen mehr Ordnung und Struktur in deinen Ess-Alltag zu bringen oder dich endlich wohler und leichter in deinem Körper zu fühlen.
Vielleicht haben du und das Kalorienzählen eine gemeinsame Vergangenheit:
- Früher hast du mal erfolgreich mit Kalorienzählen abgenommen.
- Danach hast du wieder zugenommen und nie wieder an alte Abnehmerfolge angeknüpft.
- Vielleicht hast du es mit intuitiven Essen versucht, nach einer guten Anfangsphase hat das aber eher zu einer Gewichtszunahme geführt.
Solltest du es nochmal mit Kalorienzählen versuchen? Ist Kalorienzählen womöglich die einzige Methode, die wirklich zuverlässig funktioniert?
2. Kannst du mit Kalorienzählen abnehmen?
Na klar!
Kalorienzählen mit dem Ziel, ein Energiedefizit zu erreichen, ist eine Diät. Und Diäten basieren auf dem einfachen Prinzip, dass du weniger Energie aufnimmst, als du verbrauchst.
Die Messeinheit für diese Energie sind Kilokalorien.
Und nein, das sind keine kleinen Tierchen, die nachts deine Kleidung enger nähen.
3. Welche Vorteile hat Kalorienzählen?
Kalorienzählen hat viele Vorteile, nicht nur fürs Abnehmen:
- Kalorienzählen ist exakt und zuverlässig, wenn du keine Zählfehler machst und deine Erhaltungskalorien kennst bzw. dein Defizit nicht zu groß wählst (siehe unten). Diese Methode ermöglicht präzise Kontrolle über deine Kalorienzufuhr und hilft dir, dein Gewicht effektiv zu steuern.
- Im Vergleich dazu sind andere Methoden zum Abnehmen fehleranfällig: Bei Methoden wie intermittierendem Fasten kannst du selbst in einem kleinen Zeitfenster mehr Kalorien essen als beabsichtigt. Ähnlich verhält es sich bei Low Carb, Keto oder Paleo, wo die Energieaufnahme oft übers Ziel hinausschießen kann.
- Hohe Flexibilität bei der Lebensmittelauswahl: Beim Kalorienzählen kannst nahezu alles essen, ohne bestimmte Lebensmittel ausschließen zu müssen. Diese Flexibilität erleichtert es dir, eine ausgewogene Ernährung zu verfolgen, während du deine Kalorienzufuhr im Auge behältst.
- Durch Kalorienzählen entwickelst du ein gutes Bewusstsein für Nahrungsmittel: Du lernst, wie Lebensmittel zusammengesetzt sind, welche Makronährstoffe sie enthalten und welche Unterschiede es gibt. Dies hilft dir, besser einzuschätzen, wie sich einzelne Lebensmittel auf deine Kalorienzufuhr auswirken: Von Ach, ist ja nur ein Muffin hin zu Ups, der hat tatsächlich den Kaloriengehalt einer ganzen Mahlzeit!
- Sozial flexibel: Mit Kalorienzählen kannst du Einladungen, Restaurantbesuche und andere soziale Anlässe planen und tagsüber entsprechend weniger essen – wenn das denn klappt. 🥴
4. Welche Nachteile hat Kalorienzählen (besonders fürs Abnehmen)?
Wo Blüten sind, da sind auch Dornen.
Kalorienzählen hat einige ernsthafte Nachteile – nicht nur fürs Abnehmen, sondern für dein Essverhalten insgesamt.
- Beim Kalorienzählen musst du sehr genau sein und ALLES tracken: Jedes kleine Detail zählt, von einem Probierstück Käse im Supermarkt bis zum Löffel, den du beim Kochen ableckst. Auch der Kaugummi, den du kaust, das Bonbon, das du naschst, der Kuchen, den du bei deiner Kollegin probierst, ein paar Nüsschen zwischendurch, oder sogar der Mini-Rest Bratkartoffeln vom Teller deines Kindes müssen erfasst werden.
- Gewöhnungsbedürftig und aufwändig für Einsteiger:innen: Kalorienzählen kann anfangs eine Herausforderung darstellen, da du dich an die ständige Aufzeichnung und das präzise Tracken deiner Nahrungsmittel gewöhnen musst. Doch mit der Zeit wird es leichter, weil sich deine Essgewohnheiten und die Arten von Lebensmitteln, die du konsumierst, wiederholen.
- Im Restaurant wird Kalorienzählen schwierig: Restaurants fügen oft zusätzliches Fett hinzu, und bei asiatischen Restaurants kommt häufig auch eine große Menge Zucker ins Spiel, um die Gerichte schmackhafter zu machen. Michell Kleiser von Einfach Ernährung empfiehlt daher, alle Kalorien für das, was du auswärts isst, mit dem Faktor 1,5 zu multiplizieren, um die zusätzlichen Zutaten angemessen zu berücksichtigen.
- Schwierig beim Kochen für die ganze Familie: Wenn du einen großen Topf Linsensuppe oder Thai-Curry zubereitest, stellt sich die Frage, wie du deine Portion tracken kannst. Du fängst an, deine Rezepte an das Kalorienzählen anzupassen – und schon bekommt das Zählen Macht, die es sich nicht verdient hat.
- Um mit Kalorienzählen wirklich abzunehmen, musst du deine Erhaltungskalorien kennen: Du musst wissen, bei welcher Kalorienmenge du anfängst, Gewicht zuzunehmen und wie du dein Gewicht halten oder reduzieren kannst. Dies ist ein Spektrum, das viele Menschen nicht verstehen. Da gängige Rechner oft eine Abweichung von bis zu 500 kcal aufweisen, empfiehlt sich eine experimentelle Methode, wie sie von Michell Kleiser beschrieben wird.
- Kalorienzählen triggert emotionales Essen: Wenn du zu emotionalem Essen neigst, tendierst du womöglich dazu, energiereiche Lebensmittel durch energiearme Alternativen zu ersetzen, um mehr essen zu können, ohne deine Kaloriengrenze zu überschreiten. Das kann zu einem erhöhten Fokus auf das Essen führen, bei dem deine Gedanken ständig um Nahrungsmittel kreisen.
- Höhere Fixierung aufs Essen beim Kalorienzählen: Deine Gedanken kreisen ständig um das Essen, und du entwickelst möglicherweise einen „Food-Fokus“, bei dem du ständig darüber nachdenkst, was du isst und wie viele Kalorien du konsumierst.
- Beim Kalorienzählen kannst du zwanghaft und unentspannt werden: Du findest es schwer, dich zu entspannen und das Essen zu genießen, weil du alles genau tracken musst. Du kannst nichts mehr essen, ohne es sofort in dein Kalorienzähler-Protokoll einzutragen, was zu einem zwanghaften Verhalten führen kann.
- Ganz grundsätzlich: Wenn dein Essverhalten durch das Kalorienzählen gestört wird oder dein Verhältnis zum Essen negativ beeinflusst, wird es schwierig, erfolgreich abzunehmen. Kalorienzählen sollte nicht zu einem Zwang oder einer Belastung werden, denn wenn es deine Essgewohnheiten ernsthaft stört, ist es möglicherweise nicht die richtige Methode für dich.
- Eine gute Diät ist eine Diät im Sinne des englischen „diet“, also ein Ernährungsstil, den du dein Leben lang beibehalten kannst: Bist du bereit, bis an dein Lebensende jede Tomate und jeden Teelöffel Olivenöl einzeln abzuwiegen? Eine nachhaltige und erfolgreiche Diät sollte langfristig umsetzbar sein, ohne dass du dich durch ständiges Kalorienzählen eingeschränkt fühlst.
5. Ist Kalorienzählen sinnvoll? Verhindert ein zu großes Defizit eine Gewichtsabnahme?
Wenn du deinem Körper Energie in Form von Kilokalorien entziehst, wird er die Energie automatisch an anderer Stelle wieder einsparen. Das passiert nicht durch eine magische „Einschlafreaktion“ des Stoffwechsels. Stattdessen sinkt der NEAT (Non-Exercise Activity Thermogenesis – „sportunabhängige Aktivitätsthermogenese“), also die Energie, die du durch alltägliche Bewegungen verbrennst, die nicht zu gezieltem Sport gehören.
Ich dachte immer, NEAT sei nur ein kleiner Teil des täglichen Energieverbrauchs, aber halt dich fest: Es sind ganze 25%!
Die folgenden Komponenten machen deinen Energieverbrauch aus:
- 60% Grundumsatz
- 25% NEAT
- 10% Thermogenese durch Verdauung
- 5% Aktivität (Sport, Schritte, alles, was bewusste, geplante Bewegung ist)
Ein Rückgang des NEAT kann schon ein paar hundert Kalorien pro Tag ausmachen. Daher ist es wichtig, das Kaloriendefizit nicht zu stark zu reduzieren. Wenn du zu wenig isst, wird der NEAT sinken und du wirst einen Teil der eingesparten Kalorien wieder „zurückbekommen“. Das bedeutet, dass ein zu niedriges Defizit keinen nachhaltigen Erfolg beim Abnehmen bringt.
Für detailliertere und wissenschaftlich fundierte Informationen zum Thema Abnehmen und Kalorienzählen empfehle ich dir Einfach Ernährung.
6. Empfehle ich dir Kalorienzählen zum Abnehmen?
Wenn du diesen Artikel liest oder hörst, hast du wahrscheinlich ein Problem mit Heißhunger, Fressattacken oder der Tatsache, dass du mehr isst, als du willst. Das bedeutet, du isst aus Gründen, die weit über das bloße Essen hinausgehen.
Ist Kalorienzählen zum Abnehmen sinnvoll? Erstmal: NEIN. Es geht nicht darum, dass das Kalorienzählen an sich das Problem ist, sondern darum, dass es sich um eine DIÄT handelt. Diäten sind wie das Flicken einer Laufmasche in der Strumpfhose mit durchsichtigem Nagellack oder das Aufstellen eines Eimers unter einem Loch im Dach – sie „heilen“ die Symptome, nicht die Ursache.
Was du wirklich brauchst, ist eine umfassende Lösung: So wie du die raue Stelle an der Unterseite des Holztisches abschleifen würdest, um zukünftige Laufmaschen zu vermeiden, und das Dach reparierst, um das Eindringen von Regen zu verhindern, musst du herausfinden, was die Ursachen für dein Essverhalten sind und diese beheben.
Kalorienzählen als Methode zum Abnehmen kann dich nur weiter von diesen Schritten entfernen, die du gehen musst, um deine Beziehung zum Essen zu heilen.
Ziel ist es, wieder normal zu essen und Essen als nette Nebensache zu betrachten, über die du die Kontrolle hast, ohne ständig darüber nachdenken zu müssen.
7. Gibt es Situationen, in denen Kalorienzählen sinnvoll sein kann?
Okay, du sagst, Kalorienzählen zum Abnehmen ist für mich erstmal nicht gut.
Gibt es dennoch Situationen, in denen Kalorienzählen sinnvoll sein kann?
Das hängt von deiner persönlichen Situation ab:
Wenn du in einer schwierigen Lebensphase bist, weil du gerade ein Kind bekommen, einen lieben Menschen verloren hast oder kurz vor einem Burnout stehst, sollte die Arbeit an deinen Gedanken, Gefühlen und Bedürfnissen im Vordergrund stehen.
In solchen Zeiten ist es wichtiger, dich auf emotionale Heilung und Selbstfürsorge zu konzentrieren als aufs Kalorienzählen oder Abnehmen.
Wenn es dir eigentlich gut geht, aber das Essensthema dich ewig nervt, kann Kalorienzählen hilfreich sein, um den inneren Prozess der Ursachensuche und Auflösen von Mustern zu unterstützen und gleichzeitig zu verhindern, dass du an Gewicht zunimmst.
Wichtig ist, dass du mit einer pragmatischen Haltung an das Kalorienzählen herangehst.
Hier sind zwei zentrale Punkte, wann Kalorienzählen für dich sinnvoll sein könnte:
- Herausfinden, was und wie viel du isst: Betrachte deine Essgewohnheiten mit einem Forscher-Geist. Beobachte dich selbst neugierig und unvoreingenommen. Anstatt Kalorienzählen nur als Mittel zur Planung eines Kaloriendefizits zu nutzen, setze es ein, um Mythen über dein Essverhalten aufzudecken. Vielleicht snackst du den ganzen Tag und redest dir ein, dass du im Kaloriendefizit bist. Oder du hast regelmäßig Essanfälle und erklärst das damit, dass dein Körper im „Hungermodus“ ist, weil du scheinbar zu wenig isst.
- Verhältnis zum Essen normalisieren: Wenn du Angst vor „ungesunden“ Lebensmitteln hast oder dich zu sehr auf „gesunde“ Lebensmittel fixierst, kann Kalorienzählen helfen, diese Ängste abzubauen. Wenn du Essanfälle mit Lebensmitteln hast, die du ja eigentlich gar nicht magst, ist es vielleicht Zeit, mehr Gelassenheit in deine Ernährung zu bringen und „ungesunde“ Lebensmittel in Maßen zu integrieren. Kalorienzählen kann dir helfen, ein ausgewogeneres Verhältnis zum Essen zu finden und das Schwarz-Weiß-Denken aufzulösen, indem es dir zeigt, dass auch Spaßessen Teil einer gesunden Ernährung sein kann.
Kalorienzählen ist also nicht für jede:n in jeder Situation die richtige Lösung, aber in bestimmten Kontexten kann es dir helfen, mehr über deine Essgewohnheiten zu erfahren, wieder ein breiteres Spektrum von Lebensmitteln in deine Ernährung zu integrieren und eine gesündere Beziehung zum Essen zu entwickeln.
Willst du Heißhunger, Essdrang und Fressattacken loswerden und die Kontrolle über dein Essverhalten zurückgewinnen?