Heute ist Kathryn Rohweder von ADHS Perspektiven zu Gast im Schlanke-Gedanken- und im Frugales-Glück-Podcast. Kathryn ist ADHS-Coach und hilft Menschen dabei, ihre Stärken zu erkennen und ein erfüllteres Leben trotz der Herausforderungen von ADHS zu führen.
Wir haben uns intensiv mit den Auswirkungen von ADHS bei Erwachsenen, insbesondere bei Frauen, beschäftigt. Kathryn erklärt, wie ADHS oft zu einer Diskrepanz zwischen tatsächlicher Leistung und Intelligenz führt. Menschen mit ADHS erleben häufig, dass alltägliche Aufgaben unverhältnismäßig viel Energie kosten, was zu Frustration und einem ständigen Gefühl des „Sich-aufreibens“ führt. Dabei geht es um Facetten wie Organisationsschwierigkeiten, Probleme bei der Pflege sozialer Beziehungen und eine ständige innere Unruhe.
Ein zentrales Thema unserer Unterhaltung war der Perfektionismus, den viele Menschen mit ADHS entwickeln, um ihre vermeintlichen Defizite zu kompensieren. Kathryn berichtet von ihren eigenen Erfahrungen, wie sie gelernt hat, Perfektionismus loszulassen und sich schrittweise von diesem Druck zu befreien. Dieser Prozess wurde durch zwischenmenschliche Verbindungen und die Akzeptanz ihrer ADHS erleichtert.
Ein besonders spannender Aspekt, den wir besprochen haben, ist die Problematik der Über- und Unterstimulation bei Menschen mit ADHS. Kathryn erläutert, wie solche Stimulationen oft durch Essen kompensiert werden. Menschen mit ADHS neigen dazu, ihre Unterstimulation durch Essgewohnheiten auszugleichen, wobei sie oft nach stark stimulierenden Nahrungsmitteln greifen. Gleichzeitig kann Überstimulation, wie etwa durch Medienkonsum, die Situation weiter verschärfen.
Wir haben diskutiert, wie wichtig es ist, alternative Wege zur Stimulation zu finden, wie z.B. durch soziale Kontakte oder Musik, und wie eine bewusste Ernährung helfen kann, Impulse besser zu kontrollieren. Kathryn gibt wertvolle Tipps zur Balance zwischen Stimulation und Unterstimulation und wie eine klare Ernährungsregel, wie das Vermeiden von Zucker, zur Verbesserung der Impulskontrolle beitragen kann.
Kathryn erzählt auch von ihren Erfahrungen beim Ausmisten und Aufräumen, das ihr geholfen hat, den Alltag besser zu strukturieren. Sie betont die Bedeutung einer strukturierten Begleitung beim Ausmisten und empfiehlt, Unterstützung durch Aufräumcoaches oder Online-Angebote in Anspruch zu nehmen.
Diese Einblicke und praktischen Tipps bieten wertvolle Unterstützung für alle, die mit den Herausforderungen von ADHS ringen – aber auch für alle anderen! 😊
Shownotes:
- Kathryns Website: ADHS Perspektiven
- Podcast ADHS Perspektiven
- ADHS-Coaching für Erwachsene
Leseempfehlungen:
- Byron Katie: Lieben was ist. Wie vier Fragen Ihr Leben verändern können*
- Heiner Lachenmeier: Mit ADHS erfolgreich im Beruf. So wandeln Sie vermeintliche Schwächen in Stärken um*
- Ned Hallowell: Driven to Distraction at Work. How to Focus and Be More Productive*
Transkript / Stichworte
Marion
Hallo Kathryn, herzlich willkommen im „Frugales-Glück-“ beziehungsweise im „Schlanke Gedanken-Podcast“!
Kathryn
Hallo Marion. Danke, dass ich hier sein darf. In zwei Podcasts gleichzeitig.
Marion
Vielleicht magst du dich am Anfang mal kurz vorstellen und erzählen, wer du bist und was du du so machst.
Kathryn
Hi, ich heiße Kathryn Rohweder. Ich finde selber meinen Nachnamen schwer auszusprechen, weil es Rohweder heißt. Und ich bin eine erwachsene Person, die ADHS hat und die als Coach mit anderen Erwachsenen daran arbeitet, dass sie sich selbst besser verstehen, sich selbst besser lieben können und ihre Stärken einsetzen können und vielleicht ihre persönliche Lebenswandlung entwickeln. Also: Welche Struktur brauchen sie? Wie können die gut durch ihr Leben kommen und vielleicht ihr Lieblingsleben auch aufbauen, wenn das für die gerade Thema ist.
Marion
Lieblingsleben, das klingt ja wunderbar. Ich habe auch auf deiner Seite, steht ja unten immer so dein Slogan oder ich weiß nicht, wie man das genau nennt, aber da steht: „Ich zeige dir, wie du in deine Energie kommen und aufhören kannst, dich am Leben aufzureiben. Das, finde ich, ist ein ganz toller Satz. Wie kommt man denn in seine Energie?
Kathryn
Ganz einfach. Da muss man nur dies und das machen, und dann ist es nein. Ich weiß nicht, ob es da für alle … Also wenn ich versuche, wie man in die eigene Energie kommt, geht ja darum, zu erkennen, zum einen: Was mache ich denn gerade? Also wo sind denn Energieverluste? Zum anderen: ADHS zu verstehen und was man immer wieder macht, überhaupt erst zu begreifen und inwiefern das zu Energieverlusten beiträgt. Und das hilft dann, wenn man gleichzeitig aber auch eine Hoffnung darin hat, dass es anders werden kann. Das heißt, man braucht wie so eine Art Vertrauen darin, dass auch, wenn ich jetzt bestimmte Dinge sein lasse, ich einen neuen Weg auch finden kann. Beantwortet das gerade deine Frage?
Marion
Ja, die Frage war auch doof gestellt im Grunde genommen. Vielleicht schauen wir erst mal auf den Teil mit ADHS verstehen, dieses „sich am Leben aufreiben“. Also da steckt ja ganz viel drin. „Überforderung“ schreibst du, oder „wenn mir alles zu viel wurde“, das kam öfters auf deiner Seite vor. Was sind so Symptome, an denen man feststellen kann, vielleicht habe ich ADHS oder ADS?
Kathryn
Also erst mal finde ich es toll, dass du auf meine Webseite geguckt hast und geguckt hast, welche Worte ich verwendet habe und sozusagen, was du rauspickst, was aus Kathryns Kopf rauskam. Das ist ganz spannend, mich da so gespiegelt zu sehen auch noch mal. Habe ich mal erstellt, diese Webseite, und jetzt spiegelst du mir da vieles zurück. Jetzt habe ich natürlich vergessen. Aufreiben und wenn mir alles zu viel wurde. Was war deine Frage dazu noch mal?
Marion
Woran man erkennt, dass man ADHS hat oder ADS?
Kathryn
Oh. Also letztendlich … Wir haben zwar Schwierigkeiten, heutzutage Diagnosen zu kriegen, aber letztendlich ist natürlich wichtig, das wirklich abklären zu lassen, weil wir uns ja auch durchaus Geschichten erzählen können darüber, was wir haben oder so. Andererseits kann man, wenn man sich ein bisschen erkundigt, breit gefächert, dafür sich auch einigermaßen ein gutes Bild kriegen und zumindest mit einer Vermutung losgehen und ein Teil dieses Bildes kann ich vielleicht beitragen. Ich finde, was mir gerade so einfällt, ist ein ganz wichtiger Aspekt, weil ADS ist immer diese Diskrepanz zwischen zwischen wahrgenommener und vielleicht auch belegter Intelligenz – obwohl jetzt nicht jede Person mit ADS superintelligent ist –, aber diese Diskrepanz zwischen meiner eigentlichen Intelligenz und dem, was ich performe, oder dass du immer wieder denkst, irgendwie passt das oft nicht zusammen. Irgendwie kriege ich manche Sachen, die scheinbar so einfach sind, aber auch komplexere Sachen, entweder nicht hin oder nur mit sehr viel mehr Kraft als andere das scheinbar tun. Aber ich finde doch nicht blöd und gleichzeitig denke ich ganz oft, ich muss wohl irgendwie blöd sein. Das ist wie so ein Lebensgefühl, was viele Menschen mit ADHS oft erleben.
Marion
Ist das dieses sich am Leben aufreiben? Ist das das Gefühl, was man dann hat?
Kathryn
Man kann natürlich sagen: „Okay, ich sitze da einfach nur mit und bin damit und so.“ Aber wenn man dann starke Emotionen dazu hat oder auch anstrengend, es ist nicht ganz so anstrengend, bestimmte dann hinzukriegen und darüber wieder starke Emotionen hat und Stress hat und so, dann reibt man sich vielleicht auf. Und natürlich, es gibt immer wieder diese Beschreibung, die findest du überall im Internet, was ADHS ist. Wir haben ja ganz klar irgendwie so eine Unterscheidung zwischen denen, die äußerlich hyperaktiver sind, dann die, die so mittelhyperaktiv sind, die und die, die eher so verträumt sind. Was das Wichtige ist, dass wenn du dein Leben lang schon vielleicht Schwierigkeiten hattest, entweder soziale Kontakte so zu pflegen oder zu leben, – als Kind schon oder als jugendliche Person –, wenn man nicht weiß, warum, wenn dir das immer alles so merkwürdig fremd vorkam: „Wie machen Leute das?“ Vielleicht, wenn du unangenehm, ständig aufgefallen bist oder ständig „Hallo, du bist so verpeilt oder verträumt, wach mal auf“, oder so, wenn es dir schwergefallen ist, vielleicht in der Schule dich zu organisieren. Oder bei Frauen ist es oder Mädchen oft so, dass die sich so viel Mühe geben, dass man das da noch gar nicht merkt, die selber auch nicht. Ich habe das bei mir hauptsächlich so, wenn ich im Nachhinein gucke: Ja, es stand immer drin, Kathryn ist leicht ablenkbar, aber ich dachte, weil ich so gesellig bin.
Kathryn
Ich bin auf dem Bauernhof groß geworden, da war das erst mal nicht so schlimm, und vor allen Dingen war das für meine Mutter auch total normal, wie ich war, weil sie auch so war. So ein bisschen: „Ach, wir müssen mal wieder den Bus hinterherfahren, weil das alles nicht geklappt hat,“ oder „Wir müssen wieder den Turnbeutel irgendwo abholen, weil ich den liegen gelassen habe.“ Aber ich habe das viel an sozialen Faktoren gemerkt, dass ich nicht verstand, wie die miteinander agieren, wie die anderen Leute das machen. Die Frage: Woran merke ich das? Ich merke das, wenn du eine innere, ständige Unruhe hast und du vieles davon nicht auf etwas anderes zurückführen kannst. Oder wenn du ständig mit komischen Diagnosen konfrontiert wirst, aber das Gefühl hast, das passt nicht. Du denkst: „Ich bin nicht wie die anderen, die diese Diagnose haben.“ Aber ja, vielleicht bist du in der Arbeit super überfordert mit dem, was du organisieren musst, oder du kannst schwer in Gang kommen. Wenn du irgendwo bist und es macht dir keinen Spaß, dann kommst du nicht in Gang.
Kathryn
Oder zu Hause… Also mein Lieblingsthema: Warum ist das hier in meiner Wohnung so schön? Wenn es dir schwerfällt, Gewohnheiten aufzubauen, die vielleicht eine Ordnung herstellen. Und auch bei der Arbeit, wenn nichts automatisiert ist und alles ein Krampf ist. Das sind so Beispiele. Es ist unglaublich komplex. Man könnte Tage damit füllen, sich darüber zu unterhalten, wie sich ADHS zeigt und woran man das bemerkt.
Marion
Ich zum Beispiel war als Kind immer langsam. Kann das auch so etwas sein? Ja, bei mir stand schon auf dem ersten Zeugnis, wo man noch keine Noten bekam… Übrigens habe ich gerade vergessen, das Fenster zu schließen. Einen Moment, bitte.
Kathryn
Das ist eine schöne Blume im Hintergrund. Ich hatte dir gerade gesagt (du hattest die Kopfhörer nicht auf), dass du eine schöne Blume im Hintergrund hast.
Marion
Ja, danke. Ein Gummibaum.
Kathryn
Du warst langsam. Wie hast du das denn wahrgenommen?
Marion
Bei mir ist es immer noch so, dass ich neue Dinge nicht schnell verstehe. Ich brauche da wirklich Zeit. Ich verstehe auch Witze nicht. Ich will mich jetzt gar nicht selbst diagnostizieren oder so, ich weiß es nicht, aber bei neuen Dingen brauche ich gefühlt doppelt so lange wie andere Menschen, bis ich etwas verstehe. Ich baue mir dann ein Ordnungssystem, eine Struktur, wo das reinpasst. Aber bis ich das so modifiziert habe, dass es passt, dauert das. Das wirkt von außen, glaube ich, so, als wäre ich ziemlich langsam.
Kathryn
Der gute Heiner Lachenmaier schreibt in seinem Buch von der ADHS-Lernkurve. Da geht es nicht immer darum, dass man sofort versteht, dass eins plus eins zwei ist. Du bist vielleicht bei einer Arbeit und musst dich neu einfinden. Bei Menschen mit ADHS ist es manchmal so, dass sie scheinbar keinen Fortschritt machen, während andere längst begriffen haben, wie sie sich zurechtfinden. Die ADHS-erinnen denken: „Wah!“ Er sagt, dass wir oft assoziativ denken und Dinge sehr durchdringen müssen. Wir können nicht einfach nur am Modell lernen, sondern müssen selbst durchleben, hier und da schauen, bis wir uns einfinden. Es scheint länger zu dauern, aber dann ist es oft viel tiefergehend, was diese Person weiß, weil sie etwas viel stärker durchleuchtet hat als andere, die es kontinuierlich gelernt haben. Passt das für dich, oder meinst du etwas anderes?
Marion
Ja, das ist total interessant. Das passt. Und damit hat ja wahrscheinlich auch zu tun, dass es für Menschen, die die ADHS haben, ganz schwierig ist, sich mit Dingen zu beschäftigen, die sie nicht interessant finden, oder?
Kathryn
Ja, das ist so. Weil dann natürlich das noch mal schwieriger ist, die Lernkurve anzukurbeln. Da ist es natürlich immer super hilfreich zu gucken: „Wie kann ich es denn vielleicht für mich interessant machen? Oder ich sage, dass man mit deinem Warum in Verbindung geht, damit man irgendwie die Emotionen dazu kriegt und dann vielleicht kickt da irgendwas. Genau. Vielleicht. Vielleicht, ja. Was ja einfach schön ist, wenn wir eigentlich jetzt die Steuern nehmen. Und ich muss als Selbstständige ja so viel ständig machen. Und das ist ja schön, wenn ich nicht nur mit Druck arbeite und ganz viel Stress habe und dann dahin komme, das zu machen, sondern damit irgendwas Gutes verbinden kann und das für mich finden kann, weil ich da dann noch vielleicht irgendwas Spannendes finde, weil ich mich in eine Rolle rein versetze, dass ich jetzt hier voll die krasse Zahlenfrau bin oder irgendwas, was ich nicht bin oder irgendwie so. Es ist tatsächlich so, dass ich mich dann manchmal … Ich freue mich mega. Ich habe aber auch jetzt in meinem Fall eine Assistentin und ich bin so stolz, wenn ich der irgendwas schicke, auch wenn das immer kurz vor knapp ist, aber ich mache es trotzdem mit Freude und nicht mehr mit diesem unangenehmen, auf mir lastenden riesen Berg, wenn es um so was ging Papierkram im weitesten Sinne auch.
Marion
Und wie hast du dann diesen Switch hinbekommen?
Kathryn
Ich glaube, es war kein Switch. Ich glaube, es war ein Dimmer, der langsam funktioniert. Ja, also bei mir ging vieles über die Verbindung mit einer anderen Person. Vorher habe ich es schon ein bisschen besser hinbekommen, aber auch… Ich weiß, dass ich – ich hatte immer schon… Ich komme vom Bauernhof und wir haben da noch einen Resthof, und da war immer schon Landwirtschaft, deswegen brauchte ich immer ein Steuerbüro, weil Landwirtschaft und Steuern… Und ich habe mich immer so versteckt. Ich habe immer gedacht, ich muss so tun, als könnte ich das alles. Und je mehr ich mich gezeigt habe, desto mehr war ich im Austausch und desto leichter fiel es mir. Aber auch nicht ständig und immer. Es ist nicht so, dass plötzlich alle Papierkram- oder Bürosachen mit einem Schalter umgelegt werden und dann war das einfach. Dazu war ich – und bin ich vielleicht auch immer noch – viel zu… Wie nennt man solche Persönlichkeiten? Es ist einfach so viel los in mir und auch immer wieder in meinem Leben, dass ich gar nicht, wenn ich einmal den Schalter umlege, ihn auch immer so bedienen kann. Er schnellt dann wieder zurück.
Ist vielleicht bei jedem Menschen so. Wenn wir uns ein Verhalten angewöhnen, ist es ja nicht so, dass wir den Schalter einmal umlegen und das bleibt so, sondern er springt wieder zurück. Dann versuchen wir, den Schalter wieder umzulegen oder den Dimmer wieder auf den Punkt zu regeln. Und irgendwann bleibt er immer länger auf der Seite, wo wir ihn haben wollen. Aber viel davon, glaube ich, war in meinem Fall über die zwischenmenschlichen Verbindungen, das Sich-Zeigen und dadurch realistischer an Herausforderungen heranzugehen. Ja, das hat mir geholfen.
Marion
Du hast gesagt, du hast früher so getan, als könntest du das alles. Hatte das auch zu tun mit einem Perfektionismus?
Kathryn
Perfektionismus ist bei mir nicht so stark ausgeprägt, in dem Sinne, dass ich immer eine Eins haben muss. Vielleicht eher so eine Ganz-oder-gar-nicht-Denken-Geschichte, oder dass mein Selbstwert das brauchte, dass ich Dinge sehr gut mache. Aber nein, ich musste nicht meine Steuern perfekt abgeben, höchstens schöner vielleicht. Ich habe nur einmal in meinem Leben einen Karton abgegeben. Die meisten Male waren es Ordner, aber die waren mal eine Zeit lang sortiert und dann lange nicht mehr. Einfach: Hier, alles, bitte. Egal, wenn es mir Zeit kostet, das zu machen, dann muss ich jemanden dafür bezahlen. So habe ich das immer lange gemacht. Deswegen würde ich sagen, es war eher dieses Ich konnte es nicht. Ich dachte, dass das von mir erwartet wird, dass man das eben als erwachsene Person kann. Erwachsene Menschen können sowas. Und wenn man das nicht kann, ist man irgendwie ein Defizit. Und das musste ich… Also ich weiß fast gar nicht mehr, wann das genau war… Aber das ist schon eine Weile her, und es hatte viel mit der Diagnose zu tun. Ich habe immer mal so ein Türchen geöffnet und dann kam Resonanz, und dann habe ich die Tür noch ein bisschen weiter aufgemacht.
Und dann habe ich Fragen gestellt. Plötzlich durfte ich Fragen stellen. Ich durfte Wissenslücken haben. Ich hatte immer gedacht, ich müsste alles schon wissen, weil man als erwachsener Mensch das eben weiß. Aber woher eigentlich? Dafür gibt es doch Leute in anderen Berufen, die einem das beibringen. Das habe ich früher nicht verstanden. Ich dachte, ich müsste alles wissen.
Marion
Magst du auch was sagen zum Thema Gefühle und ADHS? Also Betroffene sind ja … Da gibt es ja Herausforderungen mit Selbstregulation, wenn ich das richtig verstehe. Und zu Selbstregulation gehören ja auch Emotionen Wie äußert sich das dann? Also sind die Emotionen anders oder geht man anders damit um?
Kathryn
Also man sagt, dass erst mal Menschen mit ADHS nicht andere oder unangemessene Grundgefühle haben. Etwas macht ihnen Angst, das macht auch anderen Leuten Angst. Das Ding ist, dass bei anderen Leuten dann im Gehirn die Dämpfung stattfindet, die Hemmung bestimmter Dinge. Und so „Ja, pass auf, das ist jetzt aber nicht so schlimm.“ Ich packe das mal in Relation mit der Welt, sozusagen. Und bei ADHS passiert das nicht. Ich habe mal eine Bekannte, die sagt, sie hat mal irgendwo gehört – wiederum über Umwege, ich weiß nicht, von wem das kommt – dass das dann eher so ist wie ein Druckkessel. Bei anderen Menschen ist da ein Deckel drauf, und bei ADHS klappt der hoch. Und dieser Deckel ist aber genau diese Instanz, die das ein bisschen runterriegelt, wo man vielleicht eine Wut kurz spürt oder eine Verzweiflung und dann aber irgendwie atmen kann und das ein bisschen in Relation setzt. Und das ist nicht unbedingt immer so, dass das eine superkrasse Emotion sein muss. Nicht jede Person mit ADHS ist himmelhoch jauchzend oder zu Tode betrübt, sondern es kann auch eher so etwas Langes, Zähes sein.
Also sich da so raufzustürzen und man kann den Fokus nicht davon weglenken, sich nicht ablenken, weil es immer wieder aufploppt und immer wieder da ist. Was ich jetzt sage, ist, dass das nicht immer so sein muss. Auch Menschen mit ADHS können das lernen, denn vor einem Gefühl steht immer eine Einschätzung. Die geht super schnell, das macht mein Unterbewusstsein schon, aber wir können üben, dass unser Unterbewusstsein Dinge nicht als schlimm oder gefährlich einschätzt. Dann braucht es gar nicht so viel Regulierung. Je mehr Stress du dir machst über dich und die Welt, desto weniger Kapazitäten hast du, dich selbst zu regulieren. Das betrifft nicht nur Emotionen, sondern auch andere Bereiche. Es ist superwichtig, den Stress zu reduzieren. Der Stress findet natürlich viel im Kopf statt oder im Außen – zum Beispiel, wie voll ich meinen Kalender packe –, aber auch in dem, was ich glaube, was ich alles machen muss und was angeblich wichtig ist.
Marion
Ja, das höre ich auch ganz oft von den Frauen, die bei mirim Schlanke-Gedanken-Coaching sind und Herausforderungen haben mit ihrem Essverhalten.
Oft haben sie lange To-Do-Listen und sind nie wirklich fertig. Sie müssen alles noch abarbeiten, wissen rational, dass sie das nicht schaffen können, und dennoch fühlen sie sich wie in einer ewigen Mühle. Du hast von Wassertreten gesprochen, auf deiner Homepage. Dadurch entsteht natürlich großer Stress, und dann greifen sie zu Essen, um mit diesem Stress klarzukommen. Was kann man da machen? Wo würdest du ansetzen, um aus dieser ewigen Mühle von Stress, To-Do-Liste und Gefühlen herauszukommen?
Kathryn
Also es ist individuell, wo Leute anfangen möchten. Ich finde es persönlich wichtig, dass die Person selber schaut, was es ist. Möchte ich meine Gedanken hinterfragen und mich davon loslösen? Ich liebe dafür „The Work“ von Byron Katie. Ich mache das persönlich ganz viel, das hat viel zu meinem Frieden beigetragen, und ich mache das auch mit meinen Klientinnen. Das ist etwas, was es rein theoretisch umsonst gibt. Man kann einfach loslegen. Es ist natürlich auch toll, wenn man dabei begleitet wird, aber es gibt auch kostenlose Angebote. Theoretisch ist es kostenlos draußen in der Welt. Aber es gibt auch andere Wege. Man kann eine Hypnose machen oder Meditation. Dadurch kann man lernen, Gedanken besser vorbeiziehen zu lassen, ohne sich mit ihnen zu identifizieren. Oft denken wir: „Ich denke, also bin ich das.“ Wenn der Gedanke kommt: „Ich kriege das alles nicht hin,“ dann überfällt er den ganzen Körper und die ganze Weltsicht. Alles wird davon beeinflusst.
Es ist so gut, ein Blatt Papier dazwischen zu bekommen und zu sagen: „Guck mal, jetzt habe ich das schon wieder gedacht, aber es muss ja gar nicht stimmen.“ Das ist super hilfreich. Das andere ist, zu lernen, wie viel Stunden man versucht, in einen Tag zu packen. Wie viele Aktivitäten plane ich ein? Man muss sich ehrlich mit dem eigenen Zeitmanagement auseinandersetzen und lernen, Grenzen zu setzen – sowohl sich selbst als auch anderen gegenüber. Es ist auch gut, ADHS besser zu verstehen. Warum erscheint mir denn alles gleich wichtig? Ein Beispiel: Sowohl den Müll runterzubringen als auch endlich eine Masterarbeit abzugeben scheint gleich wichtig. Das liegt daran, dass das ADHS-Gehirn nicht so gut Wichtiges hervorhebt und Unwichtiges hemmt, und Priorisieren fällt schwerer. Das Arbeitsgedächtnis kann uns das nicht so gut zur Verfügung stellen, also purzelt alles durcheinander. Je besser ich das verstehe, desto eher kann ich nach Methoden suchen, mein Gehirn zu „externalisieren“, also Dinge schriftlich zu machen oder in einem Gespräch mit einer anderen wertschätzenden Person zu klären.
Und dann lernt man vielleicht, einen Kalender anders zu führen, eine To-Do-Liste anders zu sehen, und irgendwann loszulassen von diesem „Ich muss alles schaffen.“ Da steckt viel Absolutismus drin. Dieses Ganz-oder-gar-nicht-Denken, das bei Menschen mit ADHS stark ist. Aber selbst wenn man kein ADHS hat, glaubt man vielleicht, man müsse ganz viel schaffen, weil man weiblich sozialisiert wurde und denkt: „Frauen schaffen das alles. Wir müssen das können.“ In Bezug auf Essen ist es auch spannend zu verstehen, dass man sich mit Nahrung stimulieren kann, wenn einem oft Stimulation fehlt. Essen wird zur Selbstmedikation.
Marion
Darauf war ich noch gar nicht gekommen, aber ja, es trifft ja genau den Punkt.
Kathryn
Ja. Also wir haben einmal dieses „Ich mag vielleicht irgendwas nicht fühlen“ oder so. Das kann ja auch sein. Manchmal gehört das auch zusammen, weil wenn ich unter-oder überstimuliert bin, was bei ADHS beides schneller passiert als bei anderen Menschen, dann habe ich komische Gefühle im Körper. Meistens psychologisiere ich die, aber vielleicht ist es einfach nur, dass das Gehirn nicht ausbalanciert, stimuliert ist mit Neurotransmittern. Und dann mache ich Sachen, zum Beispiel Essen. Und das nennt man dann Selbstmedikation. Ob das jetzt krasse Drogen sind oder eben essen oder rauchen. Übrigens, wir haben uns unterhalten in der Gruppe und haben überlegt, dass einige auch, viele Menschen mit ADHS, so tiefe Gespräche als stimulierend empfinden und dass es vielleicht auch sie, die extrem viel suchen, weil das auch fast wie eine Form der Selbstmedikation ist. Oh ja. Und eigentlich ist das superspannend, so was über sich zu wissen, weil wenn man sagt, dann muss es ja nicht unbedingt wahr sein, dass man dringend dieses Gespräch was man so psychisch braucht oder für die Persönlichkeit, oder dass es auf der Welt dringend sein muss für mich, sondern „Ach ja, das ist halt eine Stimulation. Vielleicht passt das aber jetzt hier gerade nicht, das tiefe Gespräch, oder vielleicht muss ich jetzt auch mal was anderes machen, dass man dann sagt: Wie kriege ich denn die Stimulation vielleicht wo andersher?
Marion
Ja, wow. Das ist interessant. Ich ertappe mich manchmal dabei, dass wenn ich nur normal mit Menschen über irgendwelche gewöhnlichen Themen spreche, dass mich das langweilt.
Kathryn
Ja, das ist aber auch sowohl bei höherer Intelligenz als auch, sagen wir generell, Neurodiversität.
Marion
Ja.
Kathryn
Durchaus oft so, dass so belangenloses Gerede eben nicht stimuliert. Aber genau, und wenn man dann so weiß, das ist eine Stimulierung meines Gehirns und ich kann das halt missbrauchen. Das meine ich halt. Ich habe eher vom Missbrauch gesprochen, dieser Sachen, weil dann mache ich es zu viel und dann leide ich eigentlich wieder drunter, weil ich irgendwie immer nur so in … Wer weiß, das zieht mich viel von anderen Sachen ab, wenn ich immer nur in den Deep Talk gehe oder ich überschreide damit Grenzen oder was weiß ich. Und das, was du beschreibst, ist so ein bisschen im Alltag eher. Und wenn man dann weiß: „Aha, das ist eine Stimulation, die mir fehlt. Wie kann ich denn künftig mit Leuten umgehen, die nicht so sind?“ Was kann ich ja mit das an dich zurückgeben?” Was kannst du, wenn du das überlegst, vielleicht mal beobachten oder versuchen, wenn du künftig so ein bisschen „Aha, das wäre jetzt nicht stimulierend genug?“
Marion
Was kannst du da machen? Ja, das ist eine wirklich gute Frage. Ich habe jetzt schon parallel angefangen, darüber nachzudenken, aber die Freundschaft abbrechen…
Kathryn
Ich weiß es nicht. Ja, nie wieder. Also alle scheiße finden, die nicht so sind. Genau.
Marion
Oder einfach separat für mich was anderes machen? Nein, das ist ja keine Lösung. Oder überhaupt … Na ja, was ja immer geht, ohne dass es sehr tiefgehend sein muss, ist, einfach interessierte Fragen zu stellen und dann erzählt die Person ja immer schon was. Und wenn man die Person mag, was man ja wahrscheinlich tut, wenn man mit der redet oder die irgendwie interessant findet, dann kann man auch darin schon viel Anregendes finden, auch wenn das jetzt nicht supertiefes Gesprächsthema ist.
Kathryn
Ja, also auf das Gefühl, auf die Beziehungsebene gehen. Ich habe gerade an eine Sache noch kurz gedacht, das hat auch der Lachenmeier geschrieben, dass Menschen in sozialen Situationen oft unsicher sind und dass Small Talk ihnen diese Unsicherheit zu überwinden. Und das heißt, wir helfen ja so gern, Menschen mit ADHS, aber alle Menschen helfen ja gerne. Das heißt, wir können dieser anderen Person helfen, sich wohlzufühlen, indem wir dieses Spiel spielen. Das finde ich noch mal so nebenbei, irgendwie ganz einen interessanten Gedanken irgendwie. Und das andere, du hast gesagt, ich kann ja nicht nebenbei was anderes machen. Aber wozu gibt es zum Beispiel das ganze Ding von Fidget Toys oder dem Fußwippen? Das ist ja dasselbe, dass man was macht nebenbei, was einen stimuliert, damit man etwas anderes tun kann, was einen nicht so stimuliert, weil nämlich die andere Person nicht doof ist, die einem gegenübersitzt. Die hat nur ein anderes Gehirn. Die tickt anders da, so was das angeht. Und vielleicht kann ich etwas tun, was mich stimuliert, wenn das die Situation erlaubt, dann kann ich wirklich irgendwas machen. Also wie viele Leute … Ich bin zum Beispiel eine, ich habe früher mich liebend gern bei Menschen in die Wohnung gesetzt, mit denen ich mich gerne unterhalten habe, Freundinnen.
Und wenn die schon Kinder hatten, dann waren die ständig am Machen und Tun und dann haben die deren Zeit gesabbelt und ich habe da nur so gesessen. Fand ich schön, habe mich unterhalten, hat manchmal auch geholfen, aber eine Zeit lang echt nicht. Aber diese andere Person ist ja dabei total angeregt, auch weil sie so viel nebenbei macht. Und dadurch könnte die sich vielleicht auch gut unterhalten, weil sie vielleicht nicht die Ruhe gehabt hätte, einfach so abzuhängen. Und darum Du hast es ja gleich wieder verboten, aber eigentlich ist es ja genau das, was Leute viel machen, wenn sie irgendwie gerade sich nicht zuhören können, ob etwas langweilig erscheint oder sie überfordert oder irgendwas, dass sie irgendwas mit den Händen machen, mit den Füßen machen, mit dem ganzen Körper, in die richtige Stimulation zu kommen.
Marion
Ja, interessant. Was sind denn Fidget Toys?
Kathryn
Kennst du diesen Fidget Spinner, dieses kleine Ding, was du in die Finger nimmst?
Marion
Ja, das eine Zeitlang mal in.
Kathryn
Genau, und das ist ein Fidget Toys, ein Rumfummelspielzeug. Ich habe zum Beispiel jetzt hier, habe ich so mein dunkelblaues Kordsofal, Breitkord und der fühlt sich ganz weich an, so ein schöner Stoff. Und manche Menschen, wenn die hier draufsitzen, sind die ganze Zeit am Streicheln und die sich die ganze Zeit stimulieren damit. Und das kannst du ja aber auch mit einer Büroklammer machen. Das wäre eine Art von selbstgebautes Fidgetoy, weil man einfach an dem rumspielt oder dieses Klack, Klack, Klack, Klack, Kugelschreiber. Und es gibt aber ganz viele Spielzeuge, Dinge. Momentan habe ich meine Wohnung leer geräumt, da haben wir das Thema Minimalismus, aber ich habe eigentlich einen Tisch, wo ich für meinen Sohn und mich so eine Auswahl an Rumfummelspielzeugen, manchmal Magnete, Knete, irgendwie so was, so so einen Wabelball liegen habe. Oder auch immer, wenn Freunde von ihm da sind, die neu sind und die sich noch unwohl fühlen, dann kann die damit rumspielen.
Marion
Genau, das ist ja cool. Ich komme gleich noch auch natürlich auf die ausräumte Wohnung zu sprechen. Das interessiert mich sehr. Aber mit der Unter- und Überstimulation, was kann man denn dann machen? Also angenommen, ich merke, ich greife zu essen, weil wenn ich irgendwie unterstimuliert bin und mir darüber die Stimulation als Selbstmedikation hole, dann wäre eine Möglichkeit natürlich, mir irgendeine andere Stimulation zu besorgen, nicht über das Essen, sondern irgendwie anders. Gibt es da noch andere Möglichkeiten?
Kathryn
Ja, also erst mal ist es ja generell so, wie man das Leben allgemein lebt, damit man immer ausgeglichener ist. Also wenn ich zum Beispiel ganz viel Intensität habe die ganze Zeit und dann fällt die ab, dann weiß man noch nicht: „Bin ich jetzt noch überstimuliert oder plötzlich fehlt jetzt die Stimulation und ich erlebe das als Unterstimulation?“ Deswegen generell ein ausbalanciertes Leben anzustreben, ist immer spitzenmäßig. Und das andere ja genau. Wenn ich das Gefühl habe, ich brauche irgendwas, das Essen, was ist denn das für ein Bedürfnis, was mir da erfüllt wird? Dann bin ich hier wieder angeregt oder so. Wie kann ich das denn sonst kriegen? Und Da trotzdem haben wir wieder den menschlichen Kontakt. Also sagt immer der Ned Hallowell aus den USA, das ist ein Psychiater. Also der Herr Lachenmeier, von dem ich gesprochen habe, ist ein Psychiater in der Schweiz mit einem tollen Buch. Und der Ned Hallowell ist ein amerikanischer Psychiater, auch tollen Büchern. Und der sagt immer „Vitamin Connect“, bei so Sachen, wenn immer es einem nicht so gut ist, ist das total gut, sich mit jemandem oder mit einem Haustier oder irgendwas zu verbinden. Und ich bin dann irgendwann dazu übergegangen, dass ich dann jemandem eine Nachricht schreibe oder gucke, ob ich irgendwo anrufen kann, also irgendwo anders eine Verbindung herzukriegen.
Dann nutze ich jetzt einfach immer die Positive-Mix-Playlist, die Spotify mir vorschlägt, aus dem, was mein Sohn und ich auf unseren Account gehört haben, baut er sehr irgendwas zusammen, was ich wahrscheinlich schön finde. Und dann muss ich manchmal die Musik von von diesen Minion-Filmen vielleicht wegmache, weil mich die zu sehr an die Minion-Filme erinnert. Genau, das mache ich manchmal dann, weil dann habe ich so eine gute Stimulation. Eigentlich ist es für mich sehr, sehr gut, wenn ich weiß, was ich eigentlich tun will, weil ich mich dann etwas anderem zuwenden kann, etwas Spezifischen. Weil sonst wabbele ich so durch die Gegend und kann mich nicht entscheiden, was ich machen will. Und dann ist das Essen eine scheinbare Lösung. Und ich muss bei mir aber gestehen, dass bei mir eigentlich nur eine sehr klare Ernährungsumstellung richtig geholfen hat. Ich habe das immer schon mal besser hingekriegt, aber ich persönlich sagte mal, eine Klientin in einem Podcast von mir, ich weiß nicht, wie sie das genannt hat, aber dass ich so ein Typ für oftmals einen ziemlich harten Cut bin. So wie Wohnung ausräumen, so auch „ich esse keinen Zucker mehr“, solche Dinge, weil ich ziemlich schnell wieder da reinfalle und mir das dann die Energie zieht, mein Leben leben zu können, so wie ich das möchte, meine Impulskontrolle zu haben und meine Motivation Also das muss ich dazu sagen: Für mich, wenn ich ganz normal einfach weitergegessen hätte mit meinem hohen Zuckerkonsum, hätte ich nicht einfach zu Musik schwenken können.
Marion
Ah, okay. Also du hast Du hast dann den Zucker aus der Ernährung gestrichen?
Kathryn
Also das Naschen. Jetzt dieser Sommer, ich kriege es jetzt so hin, dass ich gerade ein bisschen nasche, aber ich möchte da eigentlich wieder von weg, weil ich merke, dass ich dann wieder abends da sitze und denke, dass ich dieses Gefühl von „Ich brauche was“ oder „Langeweile“ oder „Unterstimulation“ oder irgendwas, dass ich das füllen will, mit was zu naschen. Und Und das führt bei mir dann immer zu immer mehr und immer mehr wollen. Und für mich ist eine klare Regel dann einfach besser. Ich nasche nicht. Und das wollte ich ganz lange gar nicht wahrhaben oder haben, weil ich dann dieses: „Aber dann habe ich ja gar keinen Spaß mehr im Leben.“ Das stimmt gar nicht. Ich habe eigentlich viel mehr Spaß dann, muss ich mal sagen.
Marion
Ja, das mit dem Naschen ist interessant. Ich habe das auch festgestellt, dass das auch wirklich hilft, diese Snacks und so rauszulassen lassen, weil man dann seinem Gehirn oder wem auch immer oder sich selbst einfach diese klare Struktur, diese klare Anweisung gibt.
Kathryn
Und es ist ja so, dass unser Mikrobiomen, das will ja das, was man ihm gibt, immer mehr. Und wenn ich Zucker esse, dann hiepert das und dann sagen auch die Bakterien in meinem Mikrobiomen: „Gut, gib mir zu naschen.“ Und wenn ich denen aber, keine Ahnung, viel Gemüse gebe und so, oder meinetwegen mal ein Obst stattdessen oder eine Dattel – ist auch ein Obst –, dann weiß es das und dann reicht dem das irgendwie auch. Genau, so beides. Einmal in meinem Gehirn diese klare Regel: „Nein, dieses Gefühl wird nicht mit Essen gestillt. Und ich habe auch gehört, dann geht das auch weg. Wenn ich diese klare Regel habe, dass ich nicht nasche, dann geht dieses Gefühl aus meinem Körper auch wieder irgendwann raus, das, was meint jetzt, was haben zu müssen. Und eine Zeit lang hat das auch sehr gut geholfen mit meinem Medienkonsum. Das hat sich Nein, es ist immer noch nicht so schlimm wie sonst. Es ist immer noch besser und leichter, das auszumachen, aber unser Gehirn gewöhnt sich ja an alles, sodass ich dann irgendwann … Irgendwann ist es nicht mehr … Es war eine Zeit lang Medienkonsum mit Naschen und ich habe das entkoppelt, aber das Gehirn gewöhnt sich daran und jetzt muss ich wieder aufpassen, dass ich nicht in zu viel Medienkonsum falle. Also abends meistens vor irgendeinem Streamingdienst.
Marion
Ja, diese Kombination aus Medienkonsum und Essen ist in der Tat sehr hartnäckig, weil dann kommt ja auch dieses … Es ist gleichzeitig sehr stimulierend und gleichzeitig betäubend in Bezug auf vielleicht die Überstimulation, die man schon hatte. Und dann kann man den ganzen Stress, irgendwelche Gefühle, irgendwelche Gedanken, die einen eigentlich wahnsinnig machen, vergessen, weil man ja sich so betäubt mit dieser wunderbaren Kombination.
Kathryn
Ja, genau. Warte mal, habe ich da noch einen Gedanken zu gehabt? Na ja, generell sagt man ja, wenn man was anders machen will, dass man nicht so gut einfach Sachen weglassen kann, sondern oftmals das hilft, was anderes stattdessen zu haben. Also ich weiß nicht, ob ihr da auch drüber sprecht, so was. Dieses, wenn ich dann andere Snacks erst mal vorneweg stelle, die ich dann esse, von denen ich aber nicht so viel will oder überhaupt gar keine Snacks im Haus habe. Ich habe manchmal so ein paar herzhafte Sachen, die ich dann kurz was ich jetzt essen darf. Oder ich weiß, dass ich ganz viel Übergang hatte mit Datteln und Datteln mit Erdnussmus und Kakao war dann so ein kleiner Snickers. Und damit habe ich so ein paar Wochen so einen Übergang gehabt oder einen Apfel und so. Oder eben eine ganz andere Verhaltensweise, wo man immer sagt: „Wenn ich das will, dann mache ich das“, oder generell diese andere Verhaltensweise mir ins Leben zu holen.
Marion
Ich glaube, was immer gut ist, ist, wenn man versucht, schon in diesen Energiestatus reinzukommen, den man eigentlich erreichen will. Also wenn man zum Beispiel nicht snacken möchte und einfach mehr Energie haben und nicht ständig … Wenn man ständig isst, dann hat man weniger Energie, weil der Körper ständig mit dem Verdauen der Nahrung beschäftigt ist. Und wenn man da wirklich längere Pausen zwischen normalen Mahlzeiten hat, dann hat man ja viel mehr Energie. Und die Kunst ist ja eigentlich, in diesen Zustand erst mal reinzukommen und dann zu merken, wie gut das ist, und dann will man das andere gar nicht mehr. Und dann hat man sofort die Motivation und dann ist es auch viel leichter, weil das, was man bekommt, ist viel mehr und viel besser als die Beträumung zum Beispiel oder der kurze Genuss.
Kathryn
Generell ist das so, also diese Referenzerfahrungen zu machen und dann wieder sich reinzufühlen, wenn man vielleicht wieder in das andere Verhalten gegangen ist, was ungünstigere, und dann zu merken: „Das mag ich nicht so gerne.“ Ich will wieder in dieses schöne Gefühl von „Ich habe jetzt nicht genascht oder zwischendurch gegessen.“ „Ich habe ein Thema, vielleicht mit Impulskontrolle und das ist okay. Ich fange wieder neu an.“ Das ist in Ordnung. Vielleicht lerne ich anders, meine Zeit zu managen und mit meinem Tag umzugehen, damit ich abends mit mehr Energie nach Hause komme und dann überhaupt noch Kapazitäten habe für Impulskontrolle. Vielleicht muss ich auch, ich habe bei ein paar Klientinnen, da müssen wir dann erst mal daran arbeiten, wie die am Tag mit Emotionen auch anderer Leute umgehen oder was sie so erleben, weil die sonst einfach abends auch nicht schlafen können und so aufgerieben sind, dass alles noch so weiterläuft und so. Und dann ist natürlich Essen oft genutzt als Pflaster sozusagen oder zu der Überstimulation tragen nicht nur die eigenen Gefühle und Gedanken und so weiter bei, sondern auch die von anderen.
Marion
Ich habe auch gelesen, dass Menschen mit ADHS sehr empathisch sind. Also ist das so, dass die dann immer diese Schwingung und Energien von anderen aufnehmen und das alles mitverarbeiten?
Kathryn
Ja, obwohl ich nicht weiß, ob das immer bei jedem so gleich ist oder ob es auch welche gibt, die so einfach völlig in ihrer eigenen Welt leben. Aber vielleicht nehmen die Unterbewusst dann doch wieder was auf. Aber tendenziell, klar, wir haben halt einfach eine Reizoffenheit. Und wenn wir dann auch noch außerdem glauben, immer für Menschen eine bestimmte Person zu sein, entweder hilfreich oder immer nett oder was weiß ich, oder wenn wir ständig uns abblocken müssen, weil wir sagen: „Ich kann damit nicht umgehen“, dann ist auch eine zu harte Grenze und energieaufwendig. Ja, aber ja, auf jeden Fall häufig der Fall.
Marion
Das scheint mir auf jeden Fall anstrengend zu sein, weil man versucht dann ja nicht nur, die anderen Menschen ständig abzuchecken, wenn mehrere Menschen da sind, dann auch noch die Verbindungen jeweils unter den Menschen und dann setzt man sich selbst ins Verhältnis zu diesen anderen Menschen und versucht dann auch noch jeweils der Rolle zu entsprechen, von der man denkt, dass man den Erwartungen der anderen jeweils entspricht. Und das erät man dann auch wieder im Vorhinein. Das ist ja Wahnsinn. Genau, aber das Anstrengende daran ist nicht, dass man das tut, dass man das kann, dass man überhaupt das alles sieht und spürt, sondern das Anstrengende ist, was man darüber glaubt wie man selber sein muss oder wie die anderen sein sollten oder so.
Kathryn
Das ist ja der Stress. Ansonsten ist es ja auch eine Fähigkeit. Oder wenn man nicht weiß- Ist es eine Superkraft eigentlich, im Grunde genommen. Ja, kann eine Superkraft sein oder eine Stärke. Und das ist natürlich auch wichtig, dass man vielleicht weiß, was man tun kann, wenn es einem gerade nicht so gut damit geht, wenn einem das zu viel ist, dass man sich erlaubt, rauszugehen aus solchen Momenten. Ich habe ja ganz oft meine Ohrenstöpsel. Es gibt ja verschiedene, die auch so beworben werden überall und ich habe Ohrenstöpsel, die Sprache durchlassen, aber alles andere ein bisschen dämpfen. Und die habe ich auch in verschiedenen Stärken. Und das ist zum Beispiel für mich manchmal total gut, wenn ich mich irgendwo entweder nicht konzentrieren kann oder irgendwie alles zu viel ist. Und dann mache ich die Dinger rein und dann bin ich oftmals ganz happy. Dann spüre ich mich selber auch mehr, weil ich mehr bei mir bin. Kann auch besser Entscheidungen fällen, Fokus lenken und so.
Marion
Das scheint mir auch ganz wichtig zu sein, dass man, also auch aus dem, was du gesagt hast, dass man versucht, wirklich Kontakt zu sich herzustellen, zu den eigenen Bedürfnissen, was man braucht, auch sich zu priorisieren und nicht immer die anderen und sich auch dann und auch generell mitfühlen, damit, sich selbst zu sein und nicht immer so hart zu sein, so „Das muss ich und „So muss ich sein, sondern Genau, das ist super wichtig, das zu üben, also Selbstmitgefühl und so weiter.
Kathryn
Und da hilft das Verständnis. Und ich dachte gerade, weil du meintest, das kann gut sein, wenn man lernt, dass so ein sich zu spüren, was man braucht und so weiter. Und wenn ich ein ADHS-Gehirn habe, dann erst mal vertraue ich vielleicht beim Gespür gar nicht mehr, weil ich schon so oft falsch lag und so weiter. Das passiert oft viel. Aber außerdem sind ja so viele Reize da. In mir sind lauter Sachen, außen sind lauter Sachen. Da will jemand was von mir. Dann ist das auch, wenn bei einem Gehirn was eben nicht so gut unwichtiges dämpft und wichtiges abhilft, ist es dann manchmal schwer, weil wenig Reizfilterung auch passiert, mit sich in Kontakt zu kommen. Das heißt, für Geschichten zu verstehen: Ich kann das gar nicht so einfach so können. Es ist logisch, dass ich gerade nicht spüre, was ich brauche. Wie kann ich mir denn helfen, dass ich besser spüren kann, was ich brauche? Und da irgendwie zu gucken. Und bei mir war es zum Beispiel einfach das Simpelste ist als Beispiel die Ohrenstöpsel. Wenn ich mit meinem Sohn früher in der Wohnung war, als er noch kleiner war, war einfach die Tatsache, dass er da war und eventuell Mama rufen könnte, schon, dass es unmöglich gemacht hat, dass ich irgendwas im Haushalt mache, weil ich das nicht mehr denken konnte.
Kathryn
Und weil ja bei mir so wenig automatisiert war, war mein ADHS-Gehör oft wenig automatisiert. Das heißt, ich musste bewusst Entscheidungen fällen – oder muss ich oft immer noch –, aber ich konnte mich damals nicht nicht abgrenzen und einfach die Ohrenstöpsel reintun. Der normale Kopfhörer hat auch oft schon geholfen. Plötzlich war ich mehr bei mir und konnte das besser, weil ein Reiz irgendwie gedämpft wurde, nämlich in dem Fall der akustische.
Marion
Ich glaube, wir könnten hier auch noch stundenlang weiterreden. Doch noch mal zu deiner Wohnung: Warum hast du die denn ausgeräumt?
Kathryn
Warum denn nicht? Warum nicht?, frage ich dich. Das weiß ich nicht.
Marion
Ich bin immer fürs Ausräumen.
Kathryn
Ich bin ja zu ADHS gekommen, weil ich dachte, dass ich Messie sei, weil ich so Schwierigkeiten hatte, Orten herzustellen und immer nur damit beschäftigt war und da dachte ich: „Ich muss wohl ein großes Problem haben. Also Messie im Sinne von: „Ich habe ein Inneres irgendwo. Versuche ich mit meinem Kram wohl, Löcher zu stopfen oder ich weiß nicht was.“ Und dann war ich bei einer Therapeutin und die haben wir auch ganz tolle Sachen gemacht, die möchte ich nicht missen, aber sie kam auch darauf, dass es vielleicht auch ADHS sein könnte. Und für mich ist es einfach so: Ich mag gerne Fülle, aber ich kann Dinge nicht gut organisieren und strukturieren. Und je mehr Dinge da sind, desto mehr habe ich ja zu strukturieren. Und für mich ist es zum Beispiel super wichtig, dass ich eine Sache einmal leicht greifen kann, schnell, aber auch schnell wieder zurückräumen kann. Und je weniger Dinge ich habe, desto mehr Räume kann ich schaffen, wo in der Schublade oder auf einem Regal wenig Dinge sind. Und ich habe das angefangen, das aufzuräumen, nach und nach, und hatte mir da auch noch mal Hilfe geholt von einem Aufräumcoach, die dann da war.
Und wir haben richtig coole Sachen zusammen geschafft. In der Küche war das toll, als ich die ausgeräumt habe, dass sie mir geholfen hat: „Kathryn, wo soll denn jetzt wo mal dies und das hin?“ Und dann habe ich einen Zettel daran geklebt. Ich wollte die noch mal schön machen, dass das nicht passiert, aber ich habe alles so beschriftet. Da ist das drin, damit ich auch nicht mehr immer nachdenken muss, wo was rein muss. Und dann insgesamt dauerte mir das aber zu lange, weil auch immer, wenn wir zusammen überlegt haben, wenn dies ist, dann muss ja erst mal da das. Und das hat so lauter neue Probleme immer aufgetan und ich hatte einfach keine Lust mehr. Und so habe ich zum ersten Mal in meinem Leben ein Umzugsunternehmen beauftragt und einen Lagerraum gemietet. Und alles, was ich identifizieren konnte als Dinge, die wir nicht täglich brauchen und so wichtige Ordner und so, alles, was das nicht war, habe ich von denen rausräumen lassen. Ein bisschen was ist auch zu viel rausgeräumt worden. Zum Beispiel der Stift von meinem iPad ist weg und ich weiß jetzt nicht, in welcher Kiste.
Und deswegen habe ich jetzt gerade so eine leere Wohnung, obwohl die jetzt nicht, jetzt ist sie gerade nicht sonderlich aufgeräumt, aber sie geht halt super schnell aufzuräumen. Wenn ich dieses Wohnzimmer wäre sonst, das war vorhin noch oder gestern aufgeräumt oder vorgestern und ganz schnell sammelt sich ja wieder Kram an. Und hätte sich so viel Kram angesammelt, dass das ein riesen Berg vor mir gewesen wäre und wahrscheinlich auch faktisch viel Zeit gebraucht hätte, das aufzuräumen und jetzt geht das alles viel schneller. Und der Plan ist, dass ich jetzt – ich habe überhaupt gar keine Lust, aber das ist auch ein Kostenfaktor –, jetzt habe ich schon ein bisschen gemacht –, dass ich weiter die Sachen wieder reinhole, die ich brauche und die anderen kommen weg. Und vielleicht ist es für mich aber ein Modell, ein ganz kleines Lagerräumchen oder eine Ecke weiter zu benutzen, damit das nicht in meiner Wohnung ist. Das weiß ich noch nicht –, weil ich auch da mir die Zeit geben möchte. Also ich habe gemerkt, das alles einfach so wegzuschmeißen, das konnte ich nicht entscheiden. Und meine Wohnung bietet mir das nicht, dass ich diese Methode mache, mit dem „Pack eine Kiste und räume die außer Sichtweite.“
Das war zu viel. Das hat dann wieder alles andere verstopft. Dann habe ich vielleicht angefangen mit so einer Aktion, Sachen rauszuräumen, aber habe dann nicht weitergemacht und dann fliegen die irgendwo rum und dann hat das Ganze kein System mehr und so. Also darum ist ja auch Ausmisten oder so was ja auch begleitet, super hilfreich, weil dann immer wieder jemand kommt oder online oder so und dann sagt: „Hier, daran arbeite ich ja eigentlich gerade.“
Marion
Aber das ist ja eine großartige Geschichte, dass du dann, um den Prozess zu beschleunigen, das alles rausgeräumt, rausräumen hast lassen. Das ist ja eine total gute Idee, finde ich.
Kathryn
Ja, ich dachte, ich habe da das Rad neu erfunden und dann hat mir eine Freundin gesagt, oder eigentlich eine Verwandte, dass es so eine Fernseh-Show auf irgendeine amerikanische Show oder so was gibt, wo Leute das machen, die räumen all deine Wohnung wirklich komplett aus, glaube ich. Weiß ich nicht, ich habe es nicht gesehen. Und dann legen die alles in eine riesige Lagerhalle und dann siehst du erst mal so offen vor dir, was du alles besitzt und denkst: „Boah, krass. Das habe ich ja nun leider nicht, keine Lagerhalle. Und dann sortieren die das alles auch gleich wieder mit dir. Das ist natürlich ganz schön und hilft dir, das alles wieder einzuräumen. Aber deswegen habe ich leider das nicht neu erfunden. Ja, das war ein Erlaubnisprozess auch.
Aber dann habe du dieses Problem gelöst und mein Sohn war auch so: „Mein Raum, mein Zimmer ist so schön leer. Wollen wir das so lassen?“ Und das fand ich total toll, weil sonst hätte er, wenn wir das zusammen hätten, ausmissen wollen, immer gesagt: „Nein, das brauche ich, das brauche ich, das brauche ich.“ Jetzt ist der Kram aus dem Kontext raus und er wird ein bisschen was holen wir so langsam wieder rein, aber die meisten Sachen, die werde ich entweder – es werden so ein paar Sachen verkauft, andere werden vielleicht eingelagert, für was weiß ich. Manchmal ist es ja schön, eine Kiste mit Spielsachen zu haben, falls man mal selber Kinder hat. Aber dann alles andere kommt irgendwie weg. Also für uns beide war das so viel leichter, dadurch, dass das aus unserer Wohnung raus ist.
Marion
Ja, das ist ja cool, dass dein Sohn da auch mitgemacht hat. Das hätte ich nämlich als Nächstes gefragt, ob sein Zimmer auch minimalisiert wurde.
Kathryn
Ja, ich habe ihm ja gesagt, er war kurz „Oh, was?“ Und ich habe gesagt: „Das ist nicht weg. Wir räumen es nur dahin und dann können wir alles zurückholen, was du brauchst, weil das nämlich so schwer ist, das zu entscheiden, wenn das hier im Zimmer ist.“ Und dann denkt man immer, man braucht alles noch und wenn das aber … Genau.
Marion
Cool. Und wie alt ist dein Sohn?
Kathryn
Jetzt ist er zwölf.
Marion
Ja, cool. Das ist echt eine coole Geschichte. Und würdest du das auch anderen Menschen raten? Ich habe ja mehrere Fragen auch bekommen von Hörerinnen des Frugales-Glück-Podcasts, die dann sich gefragt haben: „Ich brauche eigentlich betreutes Ausmisten. Wie kann ich denn da dranbleiben? Weil ich fange irgendwo an und dann verzettle ich mich total und dann fällt mir das schwierig, immer schwer, immer diese Entscheidung zu treffen, was sortiere ich als Nächstes aus?“ Und so weiter, dann da wirklich dran zu bleiben. Würdest du sagen, das ist ein gutes Modell, was man auch nachmachen kann, wie du das gemacht hast, für Menschen, die ADHS haben?
Kathryn
Du brauchst die Ressourcen. Also brauchst du entweder finanzielle Möglichkeiten oder Menschen und eine Lagerfläche, wo das trocken lagern kann. Das sind ja einfach Fakten, die da sein müssen. Aber unabhängig davon ist beutreutes Aufräumen natürlich super. Und ich weiß nicht, du hast ja auch irgendein Angebot, oder? Wo du mit Leuten ausmistest.
Marion
Ja, na klar!
Kathryn
Genau, weil es geht ja darum, natürlich ist es auch schön, wenn jemand neben einem steht. Und das schließt sich ja aber auch nicht aus. Ich kann ja auch so ein Online-Angebot mit machen und da immer wieder bei diesen Terminen weitersprechen. Und so was wie Body Doubling hilft ja auch, dass man mit Leuten zeitgleich arbeitet und so. Und da kann man trotzdem noch sagen: „Hey“, zu einer Freundin oder so, „kannst du mit mir aufräumen?“ Oder man sucht sich irgendwie einen Aufräumencoach, Coach aus der Region. Es ist wichtig, dass du selbst vielleicht dich mit ADHS auskennst und einigermaßen gut dazu stehst, weil die vielleicht nicht unbedingt verstehen. Nicht jede Person, die ein Aufräumcoaching macht, versteht komplett, wieso du so ein kompliziertes Gehirn hast beim Ausmisten. Die Frau, die das mit mir gemacht hat, die hat, glaube ich, manchmal auch’s, weil ich hätte einfach wirklich, wenn ich mit ihr aufgeräumt habe … Ich habe ein kompliziertes Aufräumgehirn gehabt. Darum habe ich ja diese Tabularasa-Lösung gemacht. So wie auch bei diesem „Ich esse keinen Zucker mehr.“ Das sind für mich, glaube ich, diese radikalen Lösungen dann oftmals sehr, sehr hilfreich. Aber ich glaube nicht, dass das jeder so machen muss.
Aber die Begleitung, die sogenannte Accountability, dass jemand wiederkommt und uns hilft, unseren Fokus zu lenken, ist super hilfreich.
Marion
Ja, super. Vielen, vielen Dank. Das war total spannend. Kathryn, wenn jetzt jemand mit dir zusammenarbeiten möchte, wo findet er dich? Was bietest du an? Erzähl doch mal.
Kathryn
Ich habe auch einen Podcast, der heißt „ADHS Perspektiven“. So heißt auch meine Internetseite. Und ich habe auch eine Community, die so heißt, bei der es 14-tägige Gruppencoachings gibt mit sechs Personen zum Thema meistens anfangen, dranbleiben, beenden. Und da kann dann alles Mögliche kommen, was man anfangen, dranbleiben, beenden will. Und wir haben dort in dieser Community eine Möglichkeit, sich auszutauschen, sich zu treffen, gemeinsam an Sachen zu arbeiten. Es gibt ein paar Videos und Arbeitsblätter, die so absichtsvolles Leben mit ADHS unterstützen, aber auch so Hacks zum Anfangen und so. Und wir haben auch so regelmäßige Treffen, wo wir uns für die Woche ausrichten und so ein bisschen gemeinsam planen. Also das ist so richtig so ein Community-Paket. Und es gibt die Möglichkeit, mit mir im Einzelcoaching zu arbeiten. Genau. So findet man einigermaßen Infos auf der Webseite und ansonsten erst Gespräch vereinbaren und dann wird es da vielleicht ein bisschen klarer.
Marion
Okay, super. Ich verlinke natürlich alles in den Shownotes. Ich übernehme jetzt mal ganz frech die Frage von Ben vom Ungeskriptet-Poddcast, kennst du den?
Kathryn
Nein.
Marion
Nein? Superempfehlung. Ist einer meiner liebsten Podcasts neben deinem natürlich. Und da stellt er zum Schluss immer die Frage… Er stellt verschiedene Fragen. Jetzt hat er gerade eine neue Frage. Und zwar fragt er, wenn du morgen aufwachen würdest und du würdest dich an nichts mehr erinnern, aber du hättest jetzt die Möglichkeit, dir so ein Post-it zu hinterlassen mit einer wichtigen Botschaft für dich. Was würdest du da draufschreiben?
Kathryn
Jetzt als Allererstes kam in meinen Kopf und das soll man ja nehmen, Kathryn, du darfst du selber sein.
Marion
Wie schön. Vielen Dank, liebe Kathryn.
Kathryn
Dankeschön.
Willst du Heißhunger, Essdrang und Fressattacken loswerden und die Kontrolle über dein Essverhalten zurückgewinnen?