In dieser Folge beantworte ich wieder die Frage einer Hörerin. Hanne beschreibt sich selbst als emotionale Esserin. Sie hat gelernt, gut für sich zu sorgen und in sich hineinzuspüren. Ihr Gewicht hat sich auf einem gesunden Niveau eingependelt. Dennoch leidet Hanne immer wieder unter Phasen, in denen der Essdrang zurückkommt und sie die Kontrolle über ihr Essverhalten verliert.
Was kann Hanne tun?
Stichworte / Transkript
Liebe Marion, danke für deinen inspirierenden, erfrischenden und doch bodenständigen Podcast! Ich bin über 50 und habe schon mein Leben lang mit emotionaler Emotionsregulation zu tun. Ich weiss, dass ich erst gar nicht in emotionale Not kommen sollte und beherrsche all die tools wie Selbstfürsorge, gütig zu sich und den eigenen Fehlern sein, Körperübungen, meditieren, schreiben, gesunde Grenzen setzten, genug Pausen machen, …. Ich kenne und praktiziere das alles. Im Moment habe ich eine eher neutrale oder vielleicht sogar gute Phase. Ich habe mich schon lange nicht mehr überessen müssen und hungere auch nicht zu viel. Das Gewicht hat sich bei einer Kleidergröße 38 eingependelt. Ich nehme mir Pausen und verhalte mich mir selber gegenüber so, wie ich mich gegenüber besonders lieben Menschen verhalten würde. ABER …. Irgendwann kommt der Punkt bei mir, wo es kippt. Vielleicht übernehme ich mich mit der Arbeit etwas, kriege einen Schnupfen, … und irgendwann bin ich wieder bei den Essanfällen und der Verzweiflung über den Kontrollverlust und das steigende Gewicht. Hier meine Frage: wie kann ich die guten Routinen retten? Wie kann ich es schaffen, nicht irgendwann nachlässig oder sogar arrogant zu werden? Ich bin sehr gespannt, ob und was Du aus dieser Frage machen wirst. „Ich bin über 50 und habe schon mein Leben lang mit emotionaler Emotionsregulation zu tun. Ich weiss, dass ich erst gar nicht in emotionale Not kommen sollte.“ -> Ich nehme an, du meinst, dass du Schwierigkeiten mit Emotionsregulation hast, also nicht gut mit Gefühlen umgehen kannst, insbesondere mit Gefühlen, die unser Verstand als „negativ“ oder „unangenehm“ kategorisiert. „Ich weiss, dass ich erst gar nicht in emotionale Not kommen sollte“ - emotionale Not ist ein starker Begriff, als würdest du untergehen, wenn deine Gefühle zu stark werden. Zwei kritische Punkte: 1) Es gibt (objektiv betrachtet) keine emotionale Not, dein Verstand kategorisiert diese Gefühle als „Not“. Im Grunde genommen sind es lediglich Gefühle von Trauer, Wut, Angst, Einsamkeit, Scham.... , die vorbeigehen. 2) Gefühle können wir nicht verändern. Wenn du versuchst, sie zu kontrollieren, wendest du sehr viel Energie auf - und sie kommen doch zurück. Wie der aufblasbare Ball im Schwimmbad. Der Gedanke „ich sollte nicht in emotionale Not kommen“ baut Druck auf und erzeugt in dir vermutlich eine Art Panik, sobald entsprechende Gefühle aufkommen. Was du stattdessen tun kannst: -Den Gefühlen Raum geben -Sie im Körper spüren -Eine Anker-Übung machen (mehr dazu im Schlanke-Gedanken-Onlinekurs, den ich gerade erstelle und der im Oktober 2023 online geht. Wenn du dich dafür interessierst und als erste davon erfahren möchtest, schreib mir eine E-Mail an kontakt@schlankegedanken.de, dann setze ich dich auf die Warteliste) „und beherrsche all die tools wie Selbstfürsorge, gütig zu sich und den eigenen Fehlern sein, Körperübungen, meditieren, schreiben, gesunde Grenzen setzten, genug Pausen machen, …. Ich kenne und praktiziere das alles. Im Moment habe ich eine eher neutrale oder vielleicht sogar gute Phase. Ich habe mich schon lange nicht mehr überessen müssen und hungere auch nicht zu viel. Das Gewicht hat sich bei einer Kleidergröße 38 eingependelt. Ich nehme mir Pausen und verhalte mich mir selber gegenüber so, wie ich mich gegenüber besonders lieben Menschen verhalten würde.“ -> Klingt super, herzlichen Glückwunsch zu deinen Erfolgen! Das war sicher ein langer Weg und viel Arbeit. Klingt, als wärst du in Balance mit dir, in Harmonie. Schön! Vielleicht magst du mir nochmal schreiben und teilen, wie du es schaffst, diese Übungen und Tools in deinen Alltag zu integrieren. Das ist sicher etwas, das viele Hörer:innen beschäftigt. Und auch ich lerne immer gerne dazu! :) „ABER …. Irgendwann kommt der Punkt bei mir, wo es kippt. Vielleicht übernehme ich mich mit der Arbeit etwas, kriege einen Schnupfen, … und irgendwann bin ich wieder bei den Essanfällen und der Verzweiflung über den Kontrollverlust und das steigende Gewicht. Hier meine Frage: wie kann ich die guten Routinen retten? Wie kann ich es schaffen, nicht irgendwann nachlässig oder sogar arrogant zu werden?“ -> Warum „kippt“ es? Oder vielmehr, was „kippt“? Das zeichnete sich bereits am Anfang deiner Mail ab: Du erwartest, dass immer alles gut läuft, es darf nicht kippen, es darf dir nicht schlecht gehen, du darfst dich nicht deinen unangenehmen Gefühlen hingeben. Du musst funktionieren. Vielleicht steckt auch ein Glaubenssatz dahinter wie „So, wie ich bin, bin ich nicht richtig"? Ganz wichtig: Das „Kippen“, das „Scheitern“, der „Kontrollverlust“ gehören zum Leben dazu. Genauso wie das Unglücklichsein, das Leiden. Dass alles Mist ist. Das geht allen Menschen so. Niemandem gelingt immer alles, niemandem geht es immer gut, niemand ist dauerhaft in einer guten (oder auch nur: neutralen) Phase. In der Akzeptanz- und Commitmenttherapie spricht man von Dead Man's Goals. In unserem Zusammenhang wäre das sowas wie „Ich habe nie wieder Essdrang". Solange du ein lebendiges Wesen bist, wirst du Probleme und Herausforderungen zu meistern haben. Wenn nicht Essdrang, dann vielleicht Eifersucht. Oder Prokrastination. Oder du trinkst zu viel Wein. Verbringst Stunden auf Instagram. Irgendwie sowas. Du kannst nichts dagegen tun. Was du tun kannst: Es sehen, es erkennen. Und dann: Es annehmen, ihm Raum geben, es akzeptieren: „Okay, gerade geht es nicht so gut. Was ist eigentlich los?“ Und das steigende Gewicht akzeptieren. Die Selbstfürsorge erhöhen. Den Druck rausnehmen. Vielleicht sogar dankbar sein für die Essanfälle. Denn sie sind deine Superpower! Die Superpower von allen emotionalen Esserinnen! Sie zeigen dir, dass gerade was nicht stimmt, dass es dir nicht gut geht, dass du hinschauen darfst. Ein Fehler, den du in diesem Moment machen kannst: Nicht das Problem anschauen, sondern das Symptom - d.h., auf dein Essen achten. Vielleicht eine neue Diät machen, Kalorien zählen, mehr Sport, mehr Druck usw. Lass dich davon nicht verleiten (es ist zu verlockend, ich weiß!), sondern achte auf dich. Und die guten Routinen kommen dann ganz von alleine wieder, wenn es dir besser geht.
Bist du eine emotionale Esserin?
Komme deinem Heißhunger auf die Schliche und verstehe endlich, warum du isst, obwohl du nicht hungrig bist.