In dieser Folge beantworte ich wieder die Frage einer Hörerin. Maria ist alleinerziehend, hochsensibel und leidet zunehmend unter Essanfällen.
Ist ihre Situation wirklich ausweglos? Was kann Maria tun, um einen Weg aus der Essstörung zu finden?
Links und Infos zur Episode
Erwähnte Beiträge
- Ist zu viel Gemüse ungesund? Warum Volumenessen keine gute Idee ist und wie du damit aufhörst.
- Heißhunger auf Joghurt und Quark: Ich esse jeden Abend Massen an Milchprodukten!
- Schritt-für-Schritt-Anleitung: Emotionales Essen erkennen und abgewöhnen [inkl. Test „Bist du eine emotionale Esserin?“]
Lese- und Hörempfehlungen
- Endlich normal essen: So normalisierst du dein Essverhalten und findest deine Wohlfühlernährung
- Überessen stoppen – 7 Dinge, die du vor dem Heißhungeranfall tun kannst
- Ich kämpfe jeden Nachmittag… Kann ich es nur mit dem Podcast schaffen?
Transkript / Stichworte
Frage von Maria:
Hallo.
Ich bin in einer essstörung gefangen. Meine Vergangenheit und mein aktuelles Leben ist nicht einfach.
Aber es wird auch mit dem Essen immer schlimmer, nächtliche essanfälle sind Standard. Bauchschmerzen und schlaflose Nächte die Folge. Ich bin sehr hochsensibel. Alleinerziehend und hab keine Unterstützung. Vieles rührt aus der Kindheit, aber ich weiß wo die Fehler sind und trotzdem tue ich es immer wieder.
Warum ich hier schreibe, ich weiß es nicht.
Das schlechte Gewissen, hab eben wahllos gegessen. Im Stehen im Keller, wie immer. Ich bin enttäuscht von mir, andererseits stolz, dass ich es geschafft habe etwas zu essen, aber voller Scham, dass es unter diesen Umständen geschah. Ich komme einfach nicht raus.
Kompensieren mit viel spazieren gehen und Treppensteigen.
Ich bin am Boden zerstört. Ich bin eine furchtbare Mutter.
Leider hab ich keine Zeit und erst recht kein Geld für irgendwelche Therapien. Ich werde es eh nicht schaffen, scheinbar will ich es nicht genug. Die Angst dick zu werden ist zu groß
Ich beende das Schreiben hier, schicke es ab... Erwarte aber nichts. Danke für den test auf der Internetseite... Ich habe mich eins zu eins wieder gefunden... Gemüseesser usw
😢😔
Meine Antwort:
„Ich bin gefangen“ - Aktiv oder passiv? Wer oder was hält dich gefangen?
„Ich bin sehr hochsensibel“ - Was heißt das? Warum "sehr"? Eine Steigerung von "hochsensibel" gibt es nicht
Inwiefern kann das Etikett hochsensibel jemanden limitieren? Wenn ich denke, dass ich hochsensibel bin, reagiere ich auch sensibler (auf alles)
= ich sehe überall nur noch meine Sensibilität
= richte mich nach innen, auf mich
Was nötig wäre: mich nach außen richten, meine Energie auf andere Leute richten, weg von mir, weg auf das, was mir Energie geben könnte
„Alleinerziehend und hab keine Unterstützung“ - Such dir Unterstützung, bitte deine Eltern, Verwandten, Freunde, Nachbarn um Hilfe. Oder investiere in einen zuverlässigen Babysitter.
„Vieles rührt aus der Kindheit, aber ich weiß wo die Fehler sind und trotzdem tue ich es immer wieder.“ - dann hat es einen Nutzen für dich, sonst würdest du es nicht tun. Deine Aufgabe: Finde den Nutzen deines Verhaltens, deine inneren Antreiber, die Funktion, die es hat.
Es reicht nicht, zu wissen, dass das eigene Verhalten nicht gut ist. = das weiß jeder, das ist nicht schwer. Egal, ob Raucher, Trinker, Übergewichtiger, Spieler, Fremdgeher usw.
Entscheidend ist, sich mit den Motiven hinter den „Fehlern“ auseinandersetzen: Was fühlst du? Was denkst du? Was kannst du nicht aushalten, sodass du essen musst?
„Warum ich hier schreibe, ich weiß es nicht.
Das schlechte Gewissen, hab eben wahllos gegessen. Im Stehen im Keller, wie immer. Ich bin enttäuscht von mir, andererseits stolz, dass ich es geschafft habe etwas zu essen, aber voller Scham, dass es unter diesen Umständen geschah. Ich komme einfach nicht raus.
Kompensieren mit viel spazieren gehen und Treppensteigen.“
-Magersucht? „geschafft, etwas zu essen“
-schlechtes Gewissen, Scham: heimlich essen, im Stehen essen, wahllos essen
-„ich komme einfach nicht raus“: wenn du normalerweise zu wenig isst, musst du hier ansetzen, um eben rauszukommen.
Wie ist dein Essverhalten normalerweise?
mach offen das Gegenteil dessen, was du heimlich im Keller machst:
sehr bewusst, wählerisch, im Sitzen am Tisch, dir Zeit nehmen, genussvoll, langsam
Nicht kompensieren!
Wenn du dich überisst oder einen Essanfall hast und danach mit Sport oder Bewegung kompensierst, nimmst du dir die Chance, zu verstehen, WAS beim Überessen passiert ist:
Warum hast du gegessen?
Was war der Auslöser?
Was hättest du statt Essen gebraucht?
Beim Kompensieren wischst du das alles weg, übrig bleibt nur „Ich mache es wieder gut“, „Ich radiere es aus", „Das ist nie passiert“
„Ich bin am Boden zerstört. Ich bin eine furchtbare Mutter.“
Warum denkst du, dass du eine furchtbare Mutter bist?
Was machst du gut als Mutter? Was gibst du deinen Kindern jeden Tag? Was lieben und schätzen sie an dir?
Selbstbeschimpfungen und hohe Ansprüche an dich selbst bringen dich nicht weiter. Vergleiche dich nicht mit anderen. Fokussiere dich auf deine Stärken. Sieh deine Fortschritte, das, was besser ist als es gestern war.
„Leider hab ich keine Zeit und erst recht kein Geld für irgendwelche Therapien. Ich werde es eh nicht schaffen, scheinbar will ich es nicht genug. Die Angst dick zu werden ist zu groß“
Wenn du Magersucht hast, solltest du eine Therapie machen. Dafür brauchst du kein Geld, denn das wird von der Krankenkasse bezahlt. „Keine Zeit“ ist eine Frage von Prioritäten. Finde einen Babysitter, der eine Stunde in der Woche auf deine Kinder aufpassen kann. Oder mach einen Onlinekurs. Oder...
= lösungsorientiert denken, nicht auf das Problem fokussieren
Angst, dick zu werden:
Was steht dahinter?
Was wäre, wenn du dick wärst?
Was würde passieren?
Was bedeutet dick?
Was wäre so schrecklich am Dicksein?
...
„Ich beende das Schreiben hier, schicke es ab... Erwarte aber nichts. Danke für den test auf der Internetseite... Ich habe mich eins zu eins wieder gefunden... Gemüseesser usw.“
Hier spielst du auf das Phänomen des Volumenessens an: Menschen wollen so wenig wie möglich essen und gestalten ihre Mahlzeiten daher möglichst kalorienarm = viel Gemüse
Energiedichte Lebensmittel werden immer weniger in der Ernährung, weil man stattdessen mehr energiearme Dinge essen kann (für einen Esslöffel Butter kannst du eine Zucchini mehr essen).
Das Gemüse füllt ihren Bauch, versorgt den Körper aber nicht mit den nötigen Nährstoffen
Die Gefahr für Fressanfälle steigt, weil der Körper nach den Nährstoffen verlangt, die er nicht bekommt (Fette, Kohlenhydrate, Eiweiße)
Zusammenfassung:
-Versuche, eine normale Mahlzeitenstruktur mit ausgewogenen Mahlzeiten zu etablieren
-Nähre deinen Körper (wenn Magersucht / Mangelernährung)
-Genieße dein Essen
-Erlaube dir hin und wieder Süßigkeiten etc.
-Wiege dich täglich
-Stelle dich deiner Angst vor der Gewichtszunahme
-Arbeite am Verhältnis zu dir selbst: wie siehst du dich, was erwartest du von dir, wie sehr schätzt du dich wert?
-Fokus auf: Was ist dir wichtig im Leben, was macht dir Spaß, was hast du als Kind gern gemacht, was wolltest du immer schonmal ausprobieren?
-Lerne, deinen Gefühlen Raum zu geben, ohne dich von ihnen bestimmen / kontrollieren / übermannen zu lassen
-Lerne, Abstand von deinen Gedanken einzunehmen und dich nicht von ihnen herumschubsen zu lassen
-Lerne aus deinen Essanfällen und kompensiere sie nicht mit Sport
-Mache dich zur wichtigsten Person in deinem Leben (besonders, wenn du Kinder hast!)
Willst du Heißhunger, Essdrang und Fressattacken loswerden und die Kontrolle über dein Essverhalten zurückgewinnen?