Isst du, obwohl du eigentlich etwas ganz anderes brauchst?
In dieser Folge stelle ich dir die vier psychologischen Grundbedürfnisse des Menschen vor. Du erfährst, wie es sich auf dein Essverhalten auswirken kann, wenn eins der Bedürfnisse nicht befriedigt ist.
Wäre es nicht wunderbar, wenn du immer gut auf dich achten und dich um dich kümmern könntest, sodass du nicht zu Essen als Ersatz greifen musst?
Shownotes:
- Ich an meiner Klimmzugstange
- Stefanie Stahls Psychologie-Podcasts: Stahl aber herzlich, So bin ich eben!
Transkript
Heute geht es um das Thema Essen als Ersatz. Schauen wir uns einmal genauer an, was hinter deinem Essverhalten steckt. Warum isst du, obwohl du körperlich keinen Hunger verspürst? Es gibt vier psychologische Grundbedürfnisse des Menschen, die wir betrachten wollen: Bindung, Kontrolle, Selbstwerterhöhung, Lust erfahren und Unlust vermeiden. Diese Kategorisierung stammt von Stefanie Stahl. Wenn du isst, ohne körperlich hungrig zu sein und Essen als Ersatz benutzt, hängt das oft mit einem dieser psychologischen Grundbedürfnisse zusammen, das bei dir nicht erfüllt ist. Wir werden uns das nacheinander anschauen, beginnend mit dem Bedürfnis nach Bindung. Dies umfasst Familie, Freunde, Kollegen, Austausch – insgesamt ein soziales Netzwerk. Dabei geht es nicht darum, ob du 500 Freunde hast oder 3000 Follower in sozialen Medien. Es geht eher darum, ob du jemanden anrufen kannst, wenn es dir nicht gut geht, ob du in der Nacht jemanden erreichen könntest, ob es Menschen gibt, auf die du dich verlassen kannst, die dich so akzeptieren, wie du bist – wo du einfach du selbst sein kannst, ohne dich verstellen zu müssen. Familie ist natürlich auch äußerst wichtig. Einige haben vielleicht ein so starkes Freundschaftsnetzwerk, dass die Familie nicht mehr so eine große Rolle spielt. Aber für die meisten von uns ist ein gutes Verhältnis zu Familienmitgliedern wichtig. Ich habe das selbst nach der Trennung von meinem Freund und dem Vater meiner Tochter gemerkt – die ganze Familie, die damit verbunden war, wurde mir irgendwie genommen. Anfangs kamen sie noch zum Geburtstag meiner Tochter, aber das ließ mit der Zeit nach, besonders wenn neue Partner ins Spiel kamen. Dann gerät die Familie oft in den Hintergrund. Aber Blut ist dicker als Wasser, wie heißt es so schön? Diese Menschen verschwinden aus unserem Leben, und das kann sehr schmerzhaft sein. Denn auch wenn man die Beziehung nicht mehr möchte, heißt das nicht, dass man die Familie nicht mehr will. Schau also bei dir, wie es um deine Bindungen steht. Hast du verlässliche Bindungen, in denen du du selbst sein kannst, ohne dich verstellen zu müssen, und die dennoch nicht zu erdrückend sind? Es gibt Freundschaften, in denen man sich täglich sieht und ohne den anderen nicht sein kann, was oft zu Eifersucht führt, wenn man sich mit anderen trifft. Manchmal sind auch Liebesbeziehungen so. Das ist natürlich nicht ideal. Also überprüfe deine Beziehungen: Hast du Beziehungen von guter Qualität, in denen ein Gleichgewicht zwischen Autonomie und Bindung herrscht? Der zweite Bereich ist Kontrolle, das zweite psychologische Grundbedürfnis. Hier geht es darum, ob du dein Leben gestalten kannst oder ob du nur das tust, was andere von dir wollen oder erwarten. Das betrifft viele Lebensbereiche, wie Arbeit, Partnerschaft, Freundschaften, Kinder, Hobbys, Finanzen, Gesundheit. Bist du wirklich Gestalterin deines Lebens oder richtest du dich nur nach den Erwartungen anderer? In diesem Bereich sind Frauen oft besonders stark darin, vorauseilend zu gehorchen und das zu tun, was sie glauben, von ihnen erwartet wird, um Konflikte zu vermeiden und gemocht zu werden. Aber damit tun wir uns selbst keinen Gefallen, weil wir nicht authentisch sein können und nicht gemäß unseren eigenen Werten leben. Stattdessen erfüllen wir Erwartungen, die wir meinen, andere an uns stellen. Wenn du nicht selbstbestimmt bist und keine Kontrolle ausübst, kann das zu Unzufriedenheit, Depressionen und sogar zu emotionalem Essen führen – und genau darum geht es in dieser Folge. Wenn du in der Arbeit nur Aufgaben erledigst, die dir von oben auferlegt werden, obwohl du eigentlich kreativ bist oder gerne Verantwortung übernimmst und deine Arbeit selbst gestalten möchtest, dann hast du zu wenig Kontrolle. Das kann dazu führen, dass sich der Druck im Essen entlädt – du greifst zu Essen, um mit dieser Unzufriedenheit umzugehen. Ein weiteres Beispiel: Vielleicht hast du seit Jahren ein bestimmtes Hobby, wie zum Beispiel Singen in einem Chor. Es erfüllt dich mit Freude, aber die Chorleiterin oder der Chorleiter ist sehr dominant und bestimmt alles. Vielleicht bist du sogar emotional angespannt, weil du keine Kontrolle über deine eigenen Handlungen hast. In solchen Situationen kann Essen wieder zu einem Ausweg werden, besonders wenn du emotional isst. Für emotionale Esser:innen ist es fatal, dass sich jede Unzufriedenheit oder Frustration im Essverhalten widerspiegelt. Wenn es also ein Ungleichgewicht in deinem Leben gibt, greifst du unbewusst zu Essen, um dieses Gleichgewicht wiederherzustellen. Das ist Fluch und Segen des Essens zugleich. Es zeigt uns, dass etwas nicht stimmt und dass wir uns damit auseinandersetzen müssen. Ich möchte immer wieder betonen, dass es wichtig ist, emotionales Essen zu regulieren. Essen ist zwar notwendig, aber wenn wir ein ungesundes Essverhalten entwickeln, signalisiert es uns, dass etwas nicht stimmt und dass wir uns selbst und unsere Bedürfnisse genauer betrachten sollten. Wir haben einen eingebauten Marker, der uns signalisiert, dass wir uns um uns selbst kümmern müssen, dass etwas nicht stimmt und wir etwas ändern müssen. Das führt uns zum dritten psychologischen Grundbedürfnis: Selbstwerterhöhung. Dabei geht es um Anerkennung von dir selbst und von anderen. Die Anerkennung von dir selbst ist dabei entscheidend, denn wenn du dich selbst nicht anerkennst, bringt dir die Anerkennung von außen wenig. Die Anerkennung durch dich selbst erhältst du, indem du Dinge tust, die im Einklang mit deinen Werten stehen. Ein persönliches Beispiel: Für mich ist Familie sehr wichtig, und dazu gehört auch, Zeit mit meiner Tochter zu verbringen. Ich hatte immer wieder einen inneren Konflikt zwischen der Zeit, die ich mit meiner Tochter verbringen wollte, und den vielen anderen Aufgaben, die anfielen. Ich habe festgestellt, dass es mir nicht gut geht, wenn ich mir keine Zeit für sie nehme – nicht, weil es von jeder Mutter erwartet wird, sondern weil es mir persönlich wichtig ist. Wenn ich stattdessen andere Dinge erledige, lebe ich nicht nach meinen Werten und das beeinflusst mein Wohlbefinden negativ. Manchmal habe ich dann mehr gegessen, um meinen Ärger zu betäuben, wollte es mir aber nicht eingestehen. Das Gleiche kann bei anderen Aktivitäten passieren, die uns wichtig sind, aber die wir aus verschiedenen Gründen vernachlässigen. Zum Beispiel möchtest du mehr Sport machen, aber du kommst einfach nicht dazu. Das senkt dein Selbstwertgefühl und führt zu Frustration, was wiederum zu einem ungesunden Essverhalten führen kann. Es ist ein Teufelskreis. Um diesem Kreislauf zu entkommen, ist es wichtig, sich über seine Werte bewusst zu werden. Du kannst zum Beispiel darüber nachdenken, was dir als Kind Spaß gemacht hat oder welche Aktivitäten dich in einen Zustand des Flows versetzen, wo du alles um dich herum vergisst. Wenn dir nichts einfällt, probiere verschiedene Dinge aus, bis du etwas findest, das dir wirklich Freude bereitet und dich erfüllt. Vielleicht hast du schon erlebt, wie du beim Spielen vollkommen in deinem Element warst und alles um dich herum vergessen hast. Genau dann tritt die Selbstwerterhöhung ein und dein Grundbedürfnis ist gestillt – du musst nicht mit Essen kompensieren. Das vierte psychologische Grundbedürfnis ist Lust erfahren und Unlust vermeiden. Frage dich doch einmal, ob das, was du den ganzen Tag über tust, dir eigentlich Freude bereitet. Vielleicht denkst du, es ist in Ordnung, aber nicht wirklich erfüllend. Dann überlege, was dir als Kind Freude gemacht hat oder wie dein idealer Tagesablauf aussehen würde. Viele Menschen stellen sich solche Fragen nicht, weil sie denken, es sei nur Träumerei oder weil sie Angst haben, sich mit ihren eigenen Wünschen und Träumen zu konfrontieren. Aber ohne ein Ziel kannst du auch nicht darauf hinarbeiten. Es ist wichtig, regelmäßig über diese Fragen nachzudenken, zum Beispiel durch Journaling oder das Erstellen von Vision Boards. Zu Lust und Unlust gehören auch körperliche Bedürfnisse. Die Nichterfüllung dieser Bedürfnisse führt oft dazu, dass wir Essen als Ersatz benutzen. Schlaf ist dabei ein wichtiger Faktor. Wie ist dein Schlaf? Hast du einen geregelten Schlafzyklus? Wenn du schlecht schläfst oder nach dem Mittagessen müde bist, solltest du überlegen, wie du deine Schlafhygiene verbessern kannst. Ein weiteres körperliches Bedürfnis ist Stress. Stress kann positiv sein, wenn er dich antreibt und motiviert. Aber er kann auch negativ sein, wenn er zu einem Kontrollverlust führt. Es ist wichtig anzuerkennen, wenn du gestresst bist, anstatt zu versuchen, stark zu sein und den Stress zu ignorieren. Wenn du dazu neigst, dich überzuessen, bist du wahrscheinlich eine sensible Person, die auf Stress reagiert. Und gerade dann möchte ich dir raten, den Stress ernst zu nehmen. Welche Strategien gibt es gegen Stress? Eine effektive Strategie ist Zeit. Wenn du mehr Zeit einplanst, kannst du den Stress abbauen, der sich in deinem Körper und Geist aufbaut. Stressabbau dauert oft länger als gedacht. Daher macht es Sinn, doppelt so viel Zeit einzuplanen, um alles ruhig und gelassen angehen zu können. Dadurch vermeidest du das Auf und Ab von negativem Stress. Wenn du generell ein Druckgefühl verspürst, hilft es oft, weniger zu tun. Streiche Verpflichtungen, sage Verabredungen ab und gönne dir eine Auszeit. Vielleicht kannst du sogar ein Wochenende alleine verbringen oder ein paar Tage Urlaub nehmen, um wieder zur Ruhe zu kommen. Ein weiteres oft vernachlässigtes Bedürfnis ist Bewegung. Überlege, wie oft du dich am Tag bewegst. Kleine Aktivitäten können einen großen Unterschied machen, wie zum Beispiel ein kurzer Spaziergang nach dem Frühstück oder ein paar Yogaübungen. Bewegung hilft nicht nur dabei, körperliche Bedürfnisse zu erfüllen, sondern auch dabei, den Körper besser zu spüren und die Signale von Hunger und Sättigung besser wahrzunehmen. Wenn du bereits viele Diäten ausprobiert hast und trotzdem mit emotionalem Essen zu kämpfen hast, ist es vielleicht an der Zeit, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ein Coach kann dir helfen, die Ursachen für dein emotionales Essen zu identifizieren und neue Bewältigungsstrategien zu entwickeln. Du musst nicht alleine damit kämpfen. Buche ein unverbindliches Kennenlerngespräch und lass uns gemeinsam herausfinden, wie du deine Beziehung zum Essen verbessern kannst. Den Link dafür findest du in den Shownotes. Vielen Dank fürs Zuhören und alles Gute auf deinem Weg zu einem gesunden Essverhalten.
