In dieser Folge beantworte ich wieder die Frage einer Hörerin. Katja findet keine Balance zwischen Disziplin und Loslassen.
Wenn sie ohne Plan isst, snackt sie die ganze Zeit und überisst sich.
Soll sie sich an einen Ernährungsplan halten oder ein Esstagebuch führen?
Links und Infos zur Episode
Erwähnte Beiträge
- Warum Kalorienzählen Fressattacken auslöst – Und was du dagegen tun kannst
- Abnehmen ohne Disziplin: Warum Disziplin beim Abnehmen schadet und was du stattdessen brauchst
- Fressattacken stoppen – Darum helfen die üblichen Tipps bei dir nicht
Transkript / Stichworte
Frage: „Ich würde mich über eine Podcast Folge zum Thema "Ernährungsplan" Esstagebuch freuen. Ich befinde mich in der Diskrepanz zwischen Disziplin und Loslassen. Merke aber durch meine langjährigen Essstörungen (Magersucht, Bulimie, Binge-Eating) dass ich nicht einfach gelassen essen kann bzw. "wenn ich los lasse, snacke ich den ganzen Tag um Emotionen zu kompensieren". Wenn ich aber mit einem strikten Essplan beginne habe ich Angst wieder in zwanghaftes Verhalten zu rutschen (wie damals mit der Magersucht und auch wie du es in einer Folge mit dem "Kalorienzählen" deutlich gemacht hast - wenn ich es nicht schaffe, bin ich frustriert und übergebe mich vielleicht). Aktuell bin ich total normalgewichtig (1,69 bei 63kg) und mal zufriedener, mal unzufriedener mit meinem Körper, was denke ich auch ganz normal ist. Klar würde ich gerne abnehmen, aber viel wichtiger ist , dass "Essen" nicht mehr meinen kompletten Lebensinhalt und Alltag bestimmt.“
Ich fasse deine Frage und dein Problem wie folgt zusammen:
Dilemma:
einfach gelassen essen, essen was du willst (ohne auf irgendwas zu achten), funktioniert nicht:
Snackst den ganzen Tag
Isst zu viel
emotionales Essen
Gedanken kreisen ums Essen
Essplan funktioniert nicht:
zwanghaftes Verhalten
strenge Regeln
bei Übertritt: evtl. Übergeben
Gedanken kreisen ums Essen
= Essen bestimmt deinen kompletten Lebensinhalt und Alltag
Essplan würde die Gefühle, die hinter deinem Essverhalten und Essdrang stehen, nur unterdrücken (wenn deine Disziplin so eisern ist, dass du es schaffst).
Daher: gut, wenn du WENIG Disziplin hast! Disziplin kann Themen überdecken, durch Zwang merkst du gar nicht, was los ist.
Wie weiter?
Würde ein Plan oder ein Tagebuch dir helfen?
Habe selber früher ab und an ein Esstagebuch geführt (ohne Begleitung, ohne Kontext, als eine softe Version des Kalorienzählens), das Ergebnis: es hat mich ebenso wahnsinnig gemacht wie ein Plan, Kalorienzählen und alle anderen Methoden der Kontrolle und des „im Rahmen Haltens“.
In Frei zu essen arbeiten wir übrigens auch mit einem Esstagebuch am Anfang,
das dient aber nicht der Kontrolle und der Mäßigung, sondern soll dir helfen, den Zusammenhang zu verstehen, der zwischen Essen und deinen Gefühlen, Gedanken und Handlungen / Pflichten / Alltag besteht
= was und wie viel du isst, wird nicht gewertet
sondern es geht darum, ein Verständnis und Gefühl für das Warum, für die Zusammenhänge zu bekommen
Zurück zu Katjas Frage:
Wir lassen Tagebuch und Plan weg und schauen, was passiert, wenn du „einfach gelassen isst“ bzw. „loslässt“:
woher kommt es, dass du ständig snackst?
da ist etwas, das du nicht haben / sehen / erleben / fühlen willst
und deswegen isst du
wie kannst du dich diesem „etwas“ nähern?
fühlen: Kontakt machen zu deinem Körper, insbesondere Hals-Bauch-Raum. Was fühlst du, wie geht es dir? Spürst du einen Knoten im Hals, einen Druck auf der Brust?
denken: welche Gedanken hast du? schreib mal alles auf, was du denkst. "ich muss essen", …
du kannst das nicht? oder machst es nicht?
Tu dir selbst einen Gefallen und such dir Hilfe.
Warum willst du dich länger quälen?
Mit jemandem zu sprechen, der dich spiegelt, der dich fühlt, der dir hilft, das „etwas“ ans Tageslicht zu bringen.
Willst du Heißhunger, Essdrang und Fressattacken loswerden und die Kontrolle über dein Essverhalten zurückgewinnen?